Öffentliche Finanzen, | 27.07.2022

Das G20/OECD-Zwei-Säulen-Modell für die Besteuerung der digitalisierten Wirtschaft

Politische Implikationen und Leitlinien für den globalen Süden

Die Besteuerung der Digital-Wirtschaft ist heute das wichtigste Thema in internationalen Steuerverhandlungen. Die OECD hat ein „Zwei-Säulen-Modell“ für dieses Problem entwickelt. Die erste Säule konzentriert sich auf eine Neuverteilung der Besteuerungsrechte auf Marktländer. Die zweite Säule sieht die Einführung einer globalen Mindeststeuer vor. Die erste Säule wird gegenwärtig in einem multilateralen Übereinkommen kodifiziert und soll den Ländern Anfang 2023 zur Unterzeichnung vorgelegt werden. Die Lösung läutet ein neues Paradigma bei der Besteuerung multinationaler Unternehmen ein, ist jedoch äußerst komplex und dürfte für die meisten Entwicklungsländer nur minimale Einnahmegewinne bringen. Außerdem sollen sie im Gegenzug das Recht auf weitergehende Steuern für alle Unternehmen aufgeben, die nicht in den Anwendungsbereich des G20/OECD-Modells fallen. Das bedeutet, dass sie – wenn überhaupt – nur weniger als 100 international agierende Unternehmen der Digitalwirtschaft besteuern können. Die Entscheidung, das Abkommen zu unterzeichnen oder nicht, ist somit von historischer Bedeutung.

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Finanzierung sozialer Sicherheit

Selbst wenn alle Länder ihre Staatseinnahmen maximieren und ein „faires“ Niveau für soziale Sicherheit bereitstellen würden, gäbe es 31 Länder, die sich ein Mindestmaß an sozialem Schutz nicht leisten könnten. Seit Covid-19 hat die größte Geberin für soziale Sicherheit, die Weltbank, ihre Hilfe auf 4 Milliarden US-Dollar pro Jahr verdreifacht, was fast dem Betrag entspricht, den der Globale Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria (GFATM) für Gesundheit ausgibt. Geberländer geben im Inland für den Sozialschutz so viel aus wie für Bildung und Gesundheit zusammen. Dennoch halten sie in ihren Entwicklungshilfebudgets für den Sozialschutz siebenmal weniger als für Bildung und Gesundheit bereit.

Allgemein, | 22.07.2022

Die Stimme der Zivilgesellschaft bei den G7

Wie inklusiv ist der exklusive Club?

Vom 26. bis zum 28. Juni war es wieder so weit. Die G7, dieses Jahr unter deutscher Präsidentschaft, waren zu Gast in Schloss Elmau in den bayerischen Alpen. Idylle pur und vor allem fernab der Öffentlichkeit. Die Kursabstimmung, die während dieser exklusiven Gespräche zwischen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Regierungschefs aus gut einer Handvoll reicher Länder des Globalen Nordens erfolgt, hat den Anspruch und das Potenzial, das Leben von Menschen weltweit zu beeinflussen. Damit dabei keine Richtung eingeschlagen wird, die an der Lebenswirklichkeit großer Teile der Bevölkerung vorbeigeht, müssten möglichst viele Stimmen Gehör finden. Dafür aber, das zeigt der Gipfel von Elmau einmal mehr, sind die G7 nicht der richtige Ort.

Private Finanzierung, | 22.07.2022

Die Grenzen von Sustainable Finance

Wie das Finanzsystem zu einem Hebel für eine nachhaltige Wirtschaft werden kann

Greenwashing im Finanzbereich ist dieser Tage regelmäßig groß in den Schlagzeilen. Es geht um Finanzprodukte, die – oft unter dem Label ESG (Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung) – als grüner angepriesen werden, als sie eigentlich sind, und um Anbieter, die damit werben. In Deutschland gab es erst kürzlich eine Razzia von Staatsanwaltschaft und Finanzaufsicht beim Vermögensverwalter DWS, kurz darauf musste der Chef gehen. 1 Auch auf der anderen Seite des Atlantiks ermittelt die Finanzaufsicht in verschiedenen Fällen. Das zeigt: Bei grünen Versprechen des Finanzsektors liegt einiges im Argen. Weil der Begriff Nachhaltigkeit bisher nicht geschützt war, hat einfach jeder gemacht, was er wollte. Gleichzeitig ruht viel Hoffnung auf dem Finanzsektor als Hebel für die Transformation.

Allgemein, | 22.07.2022

Zerfallserscheinungen

Die Folgen des Ukraine-Kriegs für die Finanzierung nachhaltiger Entwicklung

Der russische Überfall auf die Ukraine trifft neben den Menschen vor Ort auch die wirtschaftlichen und sozialen Menschenrechte von Personen auf anderen Kontinenten, vermittelt über die globalen Finanzsysteme. Zum einen vertiefen die Effekte des Kriegs die Krise, in der sich die globale Ökonomie in Folge der COVID-19-Pandemie, des Klimawandels und anderer Probleme aktuell befindet. Die Reaktionsfähigkeit von Regierungen geht global zurück, fiskalpolitische Spielräume werden – wo sie überhaupt noch bestehen – kleiner. Zum anderen vertiefen sich die politischen Gräben in der internationalen Gemeinschaft, was globale Lösungen zur Behebung dieser Probleme erschwert.

Handel, | 21.07.2022

Neuauflage des WTO-Krimis

Die 12. MinisterInnenkonferenz der Welthandelsorganisation ging hinter verschlossenen Türen zu Ende, ohne Lösungen für globale Herausforderungen anzubieten

Nach Verlängerungen und zähen Verhandlungen bis in die Morgenstunden ist die 12. MinisterInnenkonferenz (MC12) der Welthandelsorganisation (WTO) am Freitag, dem 17. Juni, in Genf zu Ende gegangen. Doch das höchste Entscheidungsgremium der WTO ging erneut ohne substanzielle Verbesserungen in den aktuell brennenden Themenbereichen, darunter die COVID-19-Pandemie, die Welternährung, Fischerei, digitaler Handel und die anstehende WTO-Reform, auseinander. Um die Legitimität der Institution zu stärken, wurden schließlich ein Abschlussdokument und Texte zu Ernährung, Pandemic-Response und Gesundheit, Fischerei und digitalem Handel verabschiedet, obwohl sie einen Konsens widerspiegelten, der niemanden wirklich zufriedenstellte.

Inflation und Entlastungspakete in Deutschland

Katalysatoren der sozialen Ungleichheit

Am 24. Februar sind russische Truppen in die Ukraine einmarschiert. Seitdem herrscht Krieg. Die Folgen reichen in vielfältiger Weise über die Ukraine hinaus, auch bis nach Deutschland. Die Preissteigerungen für Energie und Lebensmittel belasten insbesondere einkommensschwache Haushalte. Die Entlastungspakete der Bundesregierung sind sozial unausgewogen und unzureichend, um einen Anstieg von Armut und sozialer Ungleichheit zu vermeiden.

Allgemein, | 20.07.2022

Entwicklungsfinanzierung beim UN-Forum für Nachhaltige Entwicklung

Die Umsetzung der Agenda 2030 ist massiv ins Hintertreffen geraten, unzureichende Entwicklungsfinanzierung ist ein Hauptgrund dafür. Die langsam abklingende Coronakrise hatte zu einem parallelen Einbruch aller Quellen der Entwicklungsfinanzierung geführt. Das diesjährige Hochrangige Forum für Nachhaltige Entwicklung (HLPF) der UN hätte sich dem besseren Wiederaufbau nach der Krise widmen sollen. Im Titel blieb das „building back better“ auch erhalten. De facto stand das HLPF im Schatten einer neuen Krisenwelle. Konkrete Lösungen wurden einige angesprochen, konkrete Beschlüsse jedoch auf zukünftige Gipfel vertagt. Der Druck zur Einberufung einer neuen Weltkonferenz zur Entwicklungsfinanzierung wächst.  

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Verbesserung der Kapitalausstattung der Entwicklungsbanken

Seit 2021 läuft ein neuer Prozess zur Weltbank-Reform. Dieser begann mit dem Auftrag der G20 in 2021, die Kapitalausstattung der wichtigsten MDBs einer Prüfung zu unterziehen. Die Reform zielt darauf ab, die Kreditvergabekapazität zu erhöhen, möglichst ohne dass die Anteilseigner frisches Kapital zuschießen müssen. Der mittlerweile vorliegende Independent Review of the Multilateral Development Banks´s Capital Adequacy Frameworks (CAF review) macht dazu umfassende Empfehlungen.

Allgemein, | 19.07.2022

Die UN sollten mit den Vorbereitungen für die 4. Internationale Konferenz über Entwicklungsfinanzierung beginnen!

Die Vereinten Nationen haben vor über zwanzig Jahren einen wirksamen Ansatz für für zwischenstaatliche und Multistakeholder-Diskussionen über die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Mitgliedstaaten, der internationalen Institutionen und anderer Beteiligter an der Finanzierung nachhaltiger Entwicklung ins Leben gerufen. In Anbetracht der ernsten Herausforderungen für die globale Ökonomie plädiert dieses Papier dafür, diesen Ansatz wieder aufzugreifen und einen Konsens über eine Reihe politischer Maßnahmen zu finden, die auf einer 4. Internationalen Konferenz über Entwicklungsfinanzierung verabschiedet werden können.

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