Reformvorschläge zur Unterstützung eines Staatsinsolvenzverfahrens
Im Rahmen der Erlassjahr-Kampagne „Mit Schulden fair verfahren!“ wurden fünf umfassende Reformvorschläge für eine fairere Entschuldungspolitik formuliert. Darin fordert erlassjahr.de die Bundesregierung auf, die restliche Legislaturperiode nicht ungenutzt verstreichen zu lassen, sondern Schritt für Schritt der Schaffung eines Staateninsolvenzverfahrens den Weg zu ebnen.
“Schuldenkrise noch nicht schlimm genug”
Zum aktuellen Diskurs der Gläubiger
Ist es Zeit für neue Entschuldungsinitiativen? Nein, sagt eine neue Studie von aktuellen und ehemaligen Mitarbeiter*innen des IWF. Die Verschuldung von Ländern im Globalen Süden liege noch weit unter dem Niveau am Vorabend der Entschuldungsinitiative für hoch verschuldete Länder Mitte der 1990er Jahre. Ja, sagen Kristina Rehbein und Jürgen Kaiser, Autor*innen der Fachinformation 72: „‚Schuldenkrise noch nicht schlimm genug‘ – zum aktuellen Diskurs der Gläubiger“. Die Studie lege einen zu engen Fokus auf Niedrigeinkommensländer. Auch betrachte sie einen falschen Zeitpunkt: Es mache keinen Sinn, die heutigen Verschuldungssituation mit der von 1994 zu vergleichen. Zu diesem Punkt sei die Krise bereits über Jahre hinweg verschleppt worden.
Deutsche Chinabanken?
Wendet Deutschland eine ähnliche Taktik wie China an, um zu verhindern, dass Forderungen staatlicher Banken Teil von Erlassinitiativen sind? Eine neue Studie legt dies nahe, wie Malina Stutz von erlassjahr.de in einem Blog erläutert.
Ecuador – Credit Suisse: Ein Debt for Nature Swap ist etwas anderes
Große Medienaufmerksamkeit fand Anfang Mai der Ankauf ecuadorianischer Schulden in Höhe von 1,63 Milliarden US-Dollar auf dem Sekundärmarkt durch die Schweizer Großbank Credit Suisse (CS). Die zwischen 2030 und 2040 fällig werdenden Staatsanleihen Ecuadors wurden wegen der kritischen Wirtschaftslage des Landes zwischen 35,5 und 53,25 Prozent ihres Nennwerts gehandelt. Entsprechend konnte die Credit Suisse die 1,63 Milliarden für letztlich nur 656 Millionen US-Dollar kaufen. Zur Finanzierung der Operation hat die CS einen Blue Bond auf den Markt geworfen, den es durch den laufenden Schuldendienst Ecuadors auf die verbliebenen Forderungen in gleicher Höhe finanziert. Das ganze Paket wurde in den Medien als Debt for Nature Swap präsentiert – obwohl es das eigentlich nicht ist.
Schuldenreport 2023
Trotz einer leichten weltwirtschaftlichen Erholung im Jahr 2021 bleibt die Verschuldungssituation im Großteil der Länder des Globalen Südens weiter angespannt. Zwar gibt es politische Willensbekundungen, Entschuldungsverfahren zu verbessern, gleichzeitig blockieren jedoch die Interessen unterschiedlicher Gläubigergruppen rasche Fortschritte. 136 von 152 untersuchten Staaten im Globalen Süden sind kritisch verschuldet, davon 40 Länder sehr kritisch. Prognosen zeigen, dass sich die Situation durch den Krieg in der Ukraine und die globale Zinswende weiter verschlechtern wird.
WeiterlesenSchulden bei Russland: Ukraine muss erst mal nicht zahlen
Die Ukraine kann die Rückzahlung des Schuldendienstes auf fragwürdige Schulden bei Russland aussetzen. Das bestätigte der britische Supreme Court am 16. März 2023. Die Anleihe war 2013 von der damaligen Russland-freundlichen Regierung des ukrainischen Präsidenten Janukowitsch platziert worden. Russland hatte das 3 Milliarden US-Dollar schwere Papier komplett aufgekauft.
Staateninsolvenzverfahren als Ausweg aus der Schuldenkrise?
Auf der Suche nach dem Konsens
Im April 2022 stellte Sri Lanka als erstes Schwellenland in der Corona-Pandemie die Zahlungen an seine ausländischen Gläubiger ein. Im Januar 2023 folgte das wirtschaftliche Schwergewicht Ghana. Schon zuvor gab es mehrere Länder, die unter dem Eindruck der Corona-Pandemie Schuldenerlasse von ihren Gläubigern ersuchen mussten. In allen Ländern zeigt sich, dass die bestehenden Verfahren zur Restrukturierung von Staatsschulden keinen raschen und effektiven Ausweg ermöglichen.
WeiterlesenSchulden und… die Geier
Neue Folge des Podcast SchuldenSchnitt von erlassjahr.de
Sri Lanka ist pleite. Nur wenige Wochen, nachdem Sri Lanka angekündigt hat, Verhandlungen zur Neuregelung seiner Verschuldungssituation aufnehmen zu wollen, reichte der erste private Gläubiger Klage ein: Die Hamilton Reserve Bank fordert die vollständige Rückzahlung ihrer Forderung. Das ist kein Einzelfall: Klagen einzelner Gläubiger gegen Staaten in Schuldenkrisen haben in den letzten 30 Jahren kontinuierlich zugenommen. Oft bekommen die klagenden Gläubiger Recht und können hohe Profite eintreiben. Druch die Klagen werden koordinierte Verfahren zur Bewältigung von Schuldenkrisen extrem erschwert. In der aktuellen Folge erklärt die politische Referentin Malina Stutz im Gespräch mit Mara Liebal, wie Gesetze in einzelnen Ländern verhindern können, dass einzelne Gläubiger verschuldete Länder verklagen.
Ghana in der Schuldenkrise
Zivilgesellschaft fordert Erlasse
Ghana befindet sich in einer Schuldenkrise. Kurz vor Weihnachten 2022 musste das Land die Schuldendienstzahlungen an seine ausländischen Gläubiger einstellen. Das Finanzministerium spricht von einer „vorläufigen Notmaßnahme“. Betroffen sind Zahlungen auf Eurobond-Anleihen, kommerzielle Kredite und andere bilaterale Verpflichtungen. Ghana hatte sich zuvor um ein Rettungspaket des IWF bemüht, für das jedoch Umschuldungsverhandlungen mit den Gläubigern zur Voraussetzung gemacht wurden. Organisationen der Zivilgesellschaft aus Ghana und der ganzen Welt fordern Schuldenerlasse für Ghana. Auch private Gläubiger müssen an den Erlassen beteiligt werden.
International Debt Report der Weltbank – das steht drin!
Einmal im Jahr veröffentlicht die Weltbank den International Debt Report. Für erlassjahr.de und andere Entschuldungsnetzwerke sind die darin veröffentlichten Angaben zur Verschuldung von Ländern eine wichtige Datenquelle. Im Report benennt die Weltbank die wichtigsten Erkenntnisse aus den aktualisierten Daten mit Stand Ende 2021.