Über 100 Expert:innen fordern BlackRock auf, Sambia die Schulden zu erlassen
Über 100 Ökonom:innen und Entwicklungsexpert:innen haben BlackRock und andere Gläubiger aufgefordert, Sambia einen großen Teil seiner Schulden zu erlassen. In einem am 16. September 2022 veröffentlichten offenen Brief fordern die Unterzeichner:innen – darunter Jeffrey Sachs, Jayati Ghosh, Philip Alston, Raj Patel und Cephas Lumina – eine groß angelegte Umschuldung sowie die Verabschiedung von Gesetzen durch Großbritannien und den Staat New York, um sicherzustellen, dass sich alle privaten Gläubiger an das Schuldenerlassprogramm der G20 halten. Sambia nimmt in diesem Monat Verhandlungen mit privaten Gläubigern auf, um die Höhe der Schulden zu reduzieren. Am 6. September forderte der IWF, dass Sambia zwischen 2022 und 2025 8,4 Milliarden Dollar an Schulden erlassen werden.
Protest: Verbände verlassen Taxonomie-Gremium
Die Verbraucherschutzorganisation BEUC, Birdlife, die für strenge Umweltstandards eintretende Organisation ECOS, Transport &Environment und der WWF haben der Europäischen Plattform für nachhaltige Finanzen aus Protest den Rücken gekehrt. Grund: Die EU-Kommission habe sich politisch in die Gruppe eingemischt und trotz ihrer rechtlichen Verpflichtung, wissenschaftlich fundierten Ratschlägen zu folgen, gegen diese Fakten gehandelt.
Nachhaltige Entwicklung, Unternehmenseinfluss und private Finanzen
Entscheidend für die Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) der Agenda 2030 ist SDG 17, „Stärkung der Mittel zur Umsetzung und Neubelebung der globalen Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung“. Zunehmend drehen sich die Diskussionen um SDG 17 um sog. Multi-Stakeholder-Partnerschaften und die Einbindung des Privatsektors. So sollen Finanzmittel für die SDGs mobilisiert werden, auch in Form sog. „bankable projects“ (grob: „bankfähige Projekte“, also Projekte, die so strukturiert sind, dass sie für Banken als Kreditgeberinnen interessant sind). Diese Partnerschaftsorientierung ist zu einem festen Bestandteil der UN-Agenda geworden, vom operativen Segment des Wirtschafts- und Sozialrats (ECOSOC) im Mai 2022 bis hin zum hochrangigen politischen Forum (HLPF) im Juli 2022.
Die Ukraine: Krieg und Überschuldung
erlassjahr.de Fachinformation 70
Die Ukraine war schon vor dem russischen Überfall ein kritisch verschuldetes Land, welches bei Eintreten eines externen Schocks leicht in die Zahlungsunfähigkeit rutschen konnte. Mit dem russischen Angriff ist dieser Schock in der größtmöglichen Dimension im Februar 2022 eingetreten: Der von Russland ausgelöste Krieg trifft die ukrainische Wirtschaft in einer extremen Weise. Die außenwirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten eines unabhängigen ukrainischen Staates nach Ende des Krieges werden entscheidend davon abhängen, ob es eine nachhaltige Lösung für das Problem der Auslandsschulden geben wird.
Ghosting der Steuerbehörden in Ecuador
Scheinfirmen und Steuerbetrug
Eine wichtige, aber kaum erforschte Form der Steuerhinterziehung durch Unternehmen ergibt sich aus dem Einsatz von Scheinfirmen – Scheinfirmen, die betrügerische Quittungen ausstellen, damit ihre Kunden falsche Abzüge geltend machen können. Ein Paper des National Bureau of Economic Research aus Cambridge, Massachusetts, bieten einen Einblick in dieses globale Phänomen, indem Steuerdaten auf Transaktionsebene aus Ecuador beispielhaft herangezogen werden. Geistertransaktionen sind weit verbreitet, überwiegen bei großen Firmen und Firmen mit einkommensstarken Eigentümern und weisen im Vergleich zu gewöhnlichen Transaktionen verdächtige Muster auf: Häufung bei runden Zahlen, am Ende des Steuerjahres und knapp unter den Schwellenwerten des Finanzsystems. Anschließend untersuchen die Autor:innen eine innovative Durchsetzungsmaßnahme, die auf Geisterkunden und nicht auf die Geister selbst abzielte und zu einer erheblichen Steuererstattung führte.
Chinas zinslose Darlehen an Afrika
Verwendung und Annullierung
Am 19. August 2022 kündigte China an, dass es 23 zinsfreie Darlehen (IFL) mit einer Laufzeit bis Ende 2021 für 17 nicht näher bezeichnete afrikanische Länder in einem nicht näher bezeichneten Gesamtwert streichen werde. Obwohl es aufgrund fehlender Informationen schwierig ist, den genauen Betrag der gestrichenen Kredite zu bestimmen, schätzt ein neues Kurzdossier des Global Development Policy Center der Boston University, dass sich Chinas jüngster IFL-Verzicht an Afrika auf 45 bis 610 Millionen US-Dollar belaufen könnte, was insgesamt nur einen kleinen Teil von Chinas Kreditvergabe an Afrika ausmacht.
Des Kaisers neue Kleider
Was ist neu am Global Gateway der EU?
Im Jahr 2021 stellte die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, in ihrer Rede zur Lage der Union das EU Global Gateway vor. Sie behauptete, es sei die neue Vorzeigestrategie der EU, die in Infrastruktur investiert, um dem Einfluss der chinesischen Belt and Road Initiative entgegenzuwirken. Ein Jahr später zeigt ein neuer Bericht von Eurodad und Counter Balance, dass es dem Global Gateway an einem klaren Entwicklungsauftrag mangelt.
Warum eine vierte Weltkonferenz zur Entwicklungsfinanzierung überfällig ist
Neue Impulse für die Agenda 2030
Die erste Hälfte der Agenda 2030 ist vorbei, und immer noch ist die internationale Staatengemeinschaft weit davon entfernt, die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) umzusetzen. Das Fehlen finanzieller Mittel zur Umsetzung von Reformen stellt hierbei für Länder des Globalen Südens häufig ein großes Problem dar. Deswegen ist es nach 2015 Zeit für eine neue Weltkonferenz zur Entwicklungsfinanzierung, so die Argumentation von Bodo Ellmers, dem Autor des SEF Global Governance Spotlight 2|2022. Er nennt drei Bereiche, in denen die internationale Finanzarchitektur auf dieser Konferenz dringend an die globalen Entwicklungen der letzten Jahre angepasst werden müsse.
Der Fluch der Geldmengensteuerung
Wie eine Ideologie erst Politik und dann Nebelschleier wurde
Wir haben uns in unseren Demokratien dazu entschieden, die Geldpolitik in unabhängige Hände zu legen. Gerade aufgrund ihrer Unabhängigkeit obliegen Zentralbanken besonderen Rechenschaftspflichten. Diese können nur eingefordert werden, wenn die Bevölkerung gut informiert ist – sowohl über die Wirkungsweisen, aber auch über die Grenzen der Geldpolitik. Ein Comic des Dezernat Zukunft erzählt die Geschichte der Geldmengensteuerung.
WeiterlesenZinswende
Zeitenwende in der Entwicklungsfinanzierung?
Seit Vereinbarung der Agenda 2030 fand Entwicklungsfinanzierung unter den Bedingungen niedriger Zinsen und hoher Liquidität auf globalen Finanzmärkten statt. Das hat sich mit der Zinswende geändert. Dieses GPF-Briefing Paper beschreibt die aktuellen Trends, analysiert die Implikationen für die Finanzierung nachhaltiger Entwicklung im globalen Süden, und formuliert Politikempfehlungen wie Länder des globalen Südens und ihre Finanzierungspartner aus dem Norden auf die Zinswende reagieren können.