Systemische Fragen
Die Finanz- und Wirtschaftssysteme sind global eng miteinander verwoben. Wenn die Europäische Zentralbank ihre Zinspolitik ändert, hat das direkte Auswirkungen auf Investitionsflüsse weltweit und auf die Fähigkeit von Ländern im Globalen Süden, sich zu finanzieren. Zugleich gibt es seit Jahrzehnten Diskussionen darum, ob bzw. wie die institutionelle Architektur der regionalen und globalen Organisationen in diesem Bereich – allen voran der Internationale Währungsfonds und die Weltbank – reformiert werden kann.
Weiterhin geht es um die Frage, wie globale Mono- bzw. Oligopole verhindert oder aufgebrochen werden können, wie man Rohstoffmärkte so ausgestaltet, dass sie Krisen nicht befeuern, welche Rolle Kreditratingagenturen spielen oder welche Rolle Migration im internationalen Wirtschaftsgeschehen hat.
Wettbewerbsfähigkeit in Brüssel und Berlin – auf wessen Kosten?
„Competitiveness“ lautet das neue Mantra der EU. Der vor einem Jahr veröffentlichte Draghi-Bericht verdeutlichte, was das Wachstum in Europa hemmt und wie Hindernisse überwunden werden können – doch viele Umweltorganisationen sehen zentrale Risiken. Nach einer Konferenz zur Wettbewerbsfähigkeit in Brüssel reiste Ursula von der Leyen nach Berlin zum Zukunftskongress der vier großen deutschen Handelsverbände. Unterm Strich: Umwelt- und Klimaschutz finden kaum statt.
EU-Fusionskontrollleitlinien: Ein Schritt hin zu einer wirksameren Fusionskontrolle
Fusionen sind ein wesentliches Element von Strategien zur Stärkung von Marktmacht und/oder zu ihrer Ausweitung auf benachbarte Märkte. Die Europäische Kommission überarbeitet derzeit ihre Fusionskontrollleitlinien, die die Kommission bei der praktischen Bewertung von Fusionen im Rahmen der EU-Fusionskontrollverordnung leiten. Die Leitlinien enthalten grundlegende Überlegungen und ökonomische Konzepte, die die Kommission bei der Analyse von Fusionen heranzieht.
Google zerschlagen: die entscheidende Phase beginnt
Die EU hat entschieden: Google missbraucht seine Marktmacht in der Online-Werbung. Dafür muss der Konzern in Europa 2,95 Milliarden Euro Strafe zahlen. Aber Strafen allein bewirken wenig. Eine Aufspaltung Googles bleibt notwendig. Sie ist zwar verschoben, aber erfreulicherweise nicht vom Tisch.
Google-Entscheidung der EU-Kommisison ist unzureichend
Die EU-Kommission verzichtet vorerst darauf, Google zu einem Verkauf von Teilen seines Werbegeschäfts zu zwingen. Google habe zwar seine Marktmacht in der Online-Werbung missbraucht und muss dafür eine Strafe von 2,95 Mrd. Euro zahlen. Das Unternehmen kann allerdings selbst erst Abhilfemaßnahmen vorschlagen, die seine Interessenkonflikte in der Online-Werbung beenden sollen. Falls diese der EU-Kommission nicht genügen, werde die EU-Kommission selbst Maßnahmen verhängen, dazu kann eine Aufspaltung gehören. Die Entscheidung ist unzureichend und vertagt die nötigen Maßnahmen gegen die Monopolmacht von Google. Das schwächt die Demokratie und die digitale Souveränität der EU.
Tech-Regulierung auf der Kippe
Die EU muss die Macht der Tech-Konzerne beschränken. Sie darf Trumps Attacken auf die Digitalgesetze der EU nicht nachgeben. Dazu haben wir mit über 50 Bündnispartnern diese Woche von der Leyen aufgefordert. Es ist ein höchst problematisches Zeichen, dass die EU-Kommission scheinbar eine Entscheidung wegen Googles Monopolmacht bei der Online-Werbung verschiebt.
Euro als Leitwährung? Ja, aber …
Die unvorhersehbare Politik der US-Regierung macht den US-Dollar als Leitwährung weniger verlässlich. Das bietet die Möglichkeit, die Rolle des Euros zu stärken. Wollen wir das? Um diese Frage zu beantworten, quantifizieren wir die Vor- und Nachteile und kommen auf die klassische Ökonomen-Antwort: „Ja, aber …“ Denn ein internationalerer Euro könnte Zinsen drücken, aber würde dem Export schaden. Unser Modell quantifiziert diese gegenläufigen Effekte und zeigt, dass diese sich größtenteils aufheben. Zudem benennen wir zwei zentrale offene Fragen, die für eine fundierte Entscheidung beantwortet werden müssen: Lassen sich die Exportnachteile durch geschickte Politik abfedern? Welche Umverteilungseffekte löst ein stärkerer Euro aus?
IWF Artikel IV Explorer
Das Bretton Woods Project startet die Website „Article IV Explorer“. Unter Verwendung einer Kombination aus menschlichen und KI-basierten Forschungsmethoden kategorisiert die Website 998 Überwachungsberichte des IWF – sogenannte „Artikel-IV-Berichte“ –, die auf der Website des IWF öffentlich zugänglich sind. Diese Berichte decken einen Zeitraum von vierzehn Jahren von 2011 bis 2025 ab und wurden nach Politikbereichen wie Haushaltskonsolidierung, Steuern, Klima, geschlechtsspezifische und soziale Auswirkungen, Finanzialisierung, Regierungsführung und Konsultation kategorisiert. Anhand der Daten lassen sich die häufigsten Bereiche der Politikberatung in jedem Bericht identifizieren, die auch auf die gesamte Stichprobe verallgemeinert werden können. Eine vollständige Methodik und Erörterung der Einschränkungen der Daten ist auf der Website verfügbar.
Nachhaltigkeit als Aufsichtspflicht
Drei Aufgaben für die BaFin
Wenn die BaFin ihrem Auftrag gerecht werden will, muss sie ihre Arbeit im Bereich Nachhaltigkeit deutlich ausbauen und verbessern. Wie das gehen könnte, demonstrieren drei Forderungen, jeweils mit konkreten Maßnahmen zur Umsetzung. Die BaFin muss Greenwashing besser bekämpfen, sie muss die Finanzmärkte klimakrisenfest machen und sich selbst im Bereich Nachhaltigkeit ganz anders aufstellen.
Global Finance Rewired
Neue Podcast-Reihe zur Reform der internationalen Finanzarchitektur
GPF Europe hat eine vierteilige, wöchentliche Podcast-Reihe „Global Finance Rewired” gestartet, die sich mit der Zukunft der internationalen Finanzarchitektur (IFA) befasst. In dieser Reihe kommen Experten aus dem Globalen Süden zu Wort, um zu untersuchen, wie sich die globale Finanzwelt verändern muss, um den heutigen Herausforderungen gerecht zu werden.
IWF-Stimmrechtsverteilung: Zeit für Europa umzudenken
Mit dem überraschenden Rücktritt der Vizedirektorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Gita Gopinath, und der voraussichtlichen Neubesetzung des Postens durch die USA kommen alte Konflikte um die Macht im IWF auf die Tagesordnung. Die Entwicklungs- und Schwellenländer fordern seit Jahrzehnten eine stärkere Beteiligung. Die BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika und weitere) haben dies auf ihrem letzten Treffen aufgegriffen und einen eigenen Vorschlag gemacht, der ihren Einfluss stärken soll. Jetzt meldet sich die US-Regierung und möchte ihrerseits den Einfluss ausweiten. In diesem Gerangel sind die Europäer*innen kaum zu hören, zumal sie beim IWF nicht als Europäische Union, sondern als Einzelstaaten auftreten.