Öffentliche Finanzen
Der Wandel hin zu nachhaltigen Gesellschaften erfordert Investitionen – nicht zuletzt auch der öffentlichen Hand. Diese Investitionen können auf unterschiedliche Art und Weise finanziert werden: über Schulden, Steuern, oder durch die Abwälzung auf Dritte, bspw. private Akteure. Welche Art man wählt, ist dabei mitnichten neutral. Schulden müssen zurückgezahlt werden, Steuern dienen nicht nur der Einnahmengenerierung, sondern zugleich der Umverteilung, der Verhaltenssteuerung, und der Stärkung demokratischer Repräsentanz; und private Akteure werden nur dort investieren, wo sie eine Rendite erwirtschaften können (auch wenn die nicht immer monetär sein muss). Auch wie das Geld ausgegeben wird – bspw. anhand menschenrechtlicher Kriterien – ist von Bedeutung.
All das gilt sowohl für Deutschland als auch für globale Zusammenhänge. Wer sich mit öffentlichen Finanzen beschäftigt, muss sich also zwangsläufig kümmern um Steuersysteme, Steuervermeidung und -hinterziehung, um Gender- und Human Rights Budgeting, die Transparenz von Finanzflüssen und Unternehmenskonstrukten, um die internationale Zusammenarbeit von Steuerbehörden, um Rechnungsprüfungsinstitutionen, um soziale Sicherungssysteme und umweltschädliche Subventionen und um vieles weitere mehr…
Steckbrief: Transformation durch die Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts
Ein neuer Steckbrief der EU-Koordination informiert über die Reformbestrebungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts (SWP). Umweltverbände fordern eine Abkehr von der Schuldenbremse. Mit dem Auslaufen der allgemeinen Ausweichklausel, die im Zuge der Corona-Pandemie angewendet wurde, plant die EU-Kommission für das Jahr 2022 Änderungen der Fiskalpolitik. Eine Schlüsselrolle könnte Frankreich spielen, das im ersten Halbjahr 2022 die EU-Ratspräsidentschaft innehat.
Klimafinanzierung mit Sonderziehungsrechten?
Am 1. November 2021 schlug die Premierministerin von Barbados, Mia Mottley, vor, die Finanzierung des Klimaschutzes durch regelmäßige Ausschüttungen der Sonderziehungsrechte (SZR) des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu mobilisieren. Sie schlug eine jährliche Ausgabe von 500 Milliarden Dollar für 20 Jahre vor, die für die Klimafinanzierung verwendet werden können. Wie in einem Artikel von Manuel Montes in Third World Resurgence untersucht wird, kann die regelmäßige Ausgabe von SZR zur Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen aus einer Vereinbarung im Rahmen der UNFCCC hervorgehen. Da es sich um eine monetäre Ressource handelt, die unter der politischen Kontrolle souveräner Staaten steht, gibt es bei der Verwendung von SZR aber kein „magisches“ finanztechnisches Ergebnis für die Klimafinanzierung.
Auswirkungen umweltschädlicher Subventionen in Deutschland auf den Globalen Süden
Der blinde Fleck der Finanzpolitik
Dem deutschen Bekenntnis zu den Sustainable Development Goals (SDGs) und dem Übereinkommen von Paris wirken zahlreiche umweltschädliche Subventionen entgegen. Ihre Wirkungsketten erstrecken sich bis in den Globalen Süden. Im Verkehrssektor befeuern sie die Klimakrise durch die Förderung kraftstoffintensiver Pkw. Entlang internationaler Lieferketten des Sektors verschärfen sie zusätzlich bestehende soziale und ökologische Konflikte. Auch in der Landwirtschaft tragen deutsche umweltschädliche Subventionen zur Klimakrise und der Zerstörung von Ökosystemen sowie schwerwiegenden gesundheitlichen Risiken im Globalen Süden bei. Lokale Märkte können außerdem durch den Export hochsubventionierter Produktionsüberschüsse aus Deutschland bedroht werden. Der Umbau der deutschen Subventionslandschaft ist daher auch aus globaler Sicht dringend notwendig. Er wäre ein wichtiger Schritt, um den eigenen Selbstverpflichtungen gerecht zu werden und die global ungleich verteilten Lasten umweltschädlicher Subventionen zu reduzieren.
Mehr Steuergerechtigkeit durch eine gestärkte Steuerverwaltung
Zehn Vorschläge zur Diskussion
Nach Schätzung von Experten gehen durch Steuerhinterziehung jedes Jahr etwa 50 Milliarden Euro verloren. Über anonyme Auslandskonten, Umsatzsteuerkarusselle und komplexe Hinterziehungsmodelle wie bei Cum-Ex entsteht wahrscheinlich weniger als die Hälfte des Schadens, aber zugunsten einer sehr kleinen Gruppe, die es am wenigsten nötig hat. Deswegen müssen vor allem sie noch viel intensiver und gezielter bekämpft werden um das Vertrauen in unser Steuersystem zu bewahren. Ohne gleichmäßigen Steuervollzug gibt es auch keine Steuergerechtigkeit. Mit unseren zehn Vorschlägen stellen wir mögliche Ansätze für die Stärkung der Steuerverwaltung zur Diskussion. Die Ausgaben dafür finanzieren sich übrigens von selbst. Jeder Steuerfahnder und Betriebsprüfer erzielt im Schnitt Mehreinnahmen von etwa einer Million Euro.
Effektiv und mehrheitsfähig? Der Emissionshandel auf dem Prüfstand
Große Teile der ökonomischen Forschung favorisieren die CO2-Bepreisung als Hauptinstrument der Dekarbonisierung. CO2-Bepreisung kann in Form einer CO2-Steuer oder eines Emissionshandels umgesetzt werden. Seit 2005 setzt die EU in der Klimapolitik auf den Europäischen Emissionshandel (EU-ETS) als Hauptinstrument. Der Emissionshandel spielt auch bei neuen Plänen der EU-Kommission für die Klimapolitik bis 2030 („Fit for 55“), zu welchen sich auch die mögliche Ampel-Koalition in Deutschland bekennt, eine zentrale Rolle.
WeiterlesenStellungnahme von CESR an die unabhängige UN-Expertin für Auslandsverschuldung und Menschenrechte
Die Länder des globalen Südens benötigen mehr inländische Ressourcen als je zuvor, um die langfristigen Auswirkungen der Pandemie abzumildern und sich davon zu erholen. In dieser Eingabe an die Unabhängige Expertin der Vereinten Nationen für Auslandsverschuldung und Menschenrechte, Prof. Attiya Waris, hebt CESR hervor, wie die für ihr Mandat wichtigsten Menschenrechtsverpflichtungen – internationale Zusammenarbeit und Unterstützung, extraterritoriale Verpflichtungen, maximal verfügbare Ressourcen – politisch an den Rand gedrängt, wenig verstanden und zu wenig genutzt wurden. Darüber hinaus fordert CESR, dass die Unabhängige Expertin während ihres Mandats die Zusammenhänge zwischen der steigenden Verschuldung, den Steuersystemen und der Regierungsführung sowie den Klimaschutzmaßnahmen untersucht.
The State of Tax Justice 2021
Den Ländern entgehen jährlich insgesamt 483 Milliarden Dollar an Steuern durch den weltweiten Steuermissbrauch multinationaler Unternehmen und wohlhabender Privatpersonen – genug, um die Weltbevölkerung mehr als dreimal vollständig gegen COVID-19 zu impfen. Der State of Tax Justice 2021 dokumentiert, dass ein kleiner Club reicher Länder, die de facto die Kontrolle über die globalen Steuervorschriften haben, für den Großteil der Steuerausfälle in der übrigen Welt verantwortlich ist, wobei Länder mit niedrigerem Einkommen am stärksten vom globalen Steuermissbrauch betroffen sind. Die Ergebnisse verstärken die Forderung, die Festlegung von Regeln für die internationale Besteuerung von der OECD auf die UN zu verlagern.
Jahrbuch Steuergerechtigkeit 2021
Schwerpunkt: Vermögensbesteuerung und die gerechte Verteilung der Krisenkosten
Im deutschen Steuersystem gibt es eine Gerechtigkeitslücke von mindestens 75 bis 100 Milliarden Euro. Das Jahrbuch Steuergerechtigkeit analysiert zum ersten Mal systematisch die einzelnen Gerechtigkeitslücken und schafft die Grundlage dafür, die Arbeit der nächsten Regierung kritisch zu begleiten.
WeiterlesenÜberwältigende Mehrheit der Deutschen will kräftige Investitionsausweitung
Ergebnisse einer repräsentativen Online-Befragung
Dieser Policy Brief des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung in der Hans-Böckler-Stfitung verwendet Ergebnisse einer repräsentativen Online-Befragung, um die Wünsche und Prioritäten der Bevölkerung Deutschlands bezüglich der zukünftigen öffentlichen Investitionstätigkeit und der dazugehörigen Finanzierungsvorstellungen darzustellen. Es zeigt sich, dass eine Ausweitung der öffentlichen Investitionen in allen gängigen Investitionskategorien einen großen Rückhalt in der Bevölkerung hätte. Zur Finanzierung der zusätzlichen öffentlichen Investitionen wünscht sich eine Großzahl der Befragten eine Überprüfung der Ausgaben, insbesondere bei den Subventionen. Analysiert man die budgetären Prioritäten genauer, zeigen die Befragten ebenfalls eine deutliche Akzeptanz für zusätzliche öffentliche Verschuldung.
Rechtsgutachten zur Konjunkturkomponente der Schuldenbremse
Das Dezernat Zukunft hat einen Vorschlag zur Anpassung der Konjunkturkomponente der Schuldenbremse gemacht (Schuster et al. 2021). Für alle mit weniger Zeit findet sich hier ein FAQ zu den wichtigsten Fakten. Der Vorschlag wurde von Professor Stefan Korioth und Dr. Michael Müller auf seine Verfassungsmäßigkeit und rechtliche Umsetzbarkeit begutachtet.