Eine Gerechte Finanzierung Nachhaltiger Entwicklung
VENRO
Eine Zusammenstellung von Nachrichten aus den Bereichen (internationaler) Wirtschafts-, Finanz,- Umwelt- und Entwicklungspolitik „hib – heute im bundestag“ mit Neuigkeiten aus Ausschüssen und aktuellen parlamentarischen Initiativen. Diese sind können beim Bundestag per E-Mail-Newsletter hier bestellt werden: https://www.bundestag.de/newsletter.
Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit Zentralafrika
Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit SADC-Staaten
Entwaldungsfreie ländliche Entwicklung in Kolumbien
Interims-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit Ghana
Änderung des Abkommens über die Weltbank
Nachhaltige Waldbewirtschaftung in der Elfenbeinküste
Änderung des Finanzausgleichsgesetzes beschlossen
Zugang zu sauberem Wasser absolut zentral für SDG-Erreichung
Steuerentlastung für kleine und mittlere Agrarbetriebe
Sachverständige kritisierten Agrarpaket
Rechnungshof rügt Kontrolle und Aufsicht der EIB
Ausschuss stimmt für Entlastung für Haushaltsjahr 2022
Nachhaltigkeitsstrategie: Expertin warnt vor zahnlosem Tiger
Finanzausschuss für Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz
Russische Einflussnahme in Afrika durch Militärdienstleister
Sicherheitsrelevante Rüstungsexporte drittes Quartal 2023
Anträge auf Exportkredit- und Investitionsgarantien
Mehrausgaben für Öffentlichkeitsarbeit
Weiterentwicklung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie
EZB-Direktorin zu Fiskalpolitik und Dienstleistungsinflation
Klimaschutz in Afrika: Zusammenarbeit mit Zivilgesellschaft
Bericht zu Kosten des Klimawandels in Deutschland
Versteckte Preiserhöhungen bei Lebensmitteln
Licht und Schatten bei der Umsetzung der Menschenrechte
Über- und außerplanmäßige Ausgaben im vierten Quartal
Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Gesetzentwurf
Berlin: (hib/SAS) Zum Übergangsabkommen für ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen vom 22. Januar 2009 zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Vertragspartei Zentralafrika andererseits hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf (20/12202) eingebracht.
Damit soll das Interims-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (Interims-WPA) von Deutschland als Mitgliedstaat der EU ratifiziert werden, wozu ein Beschluss des Bundestages erforderlich ist. Der Bundesrat hat bereits entschieden, keine Einwände zu erheben, wie die Bundesregierung mitteilt.
Das Übergangsabkommen für das Interims-WPA ziele darauf, Kamerun einen zoll- und quotenfreien Zugang zum EU-Markt zu ermöglichen und das Abkommen durch Liberalisierungen auf Seiten Kameruns auf eine mit den Vorgaben der Welthandelsorganisation konforme Grundlage zu stellen. Auch die Handels- und Entwicklungszusammenarbeit solle gestärkt werden, heißt es in der Vorlage. Somit leiste das Übergangsabkommen einen Beitrag zur rechtzeitigen Erreichung der Agenda-2030-Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung.
Das Interims-WPA stelle eine Übergangslösung dar, bis ein umfassendes WPA in Kraft trete, so die Bundesregierung weiter. Das Interims-WPA stehe für den Beitritt weiterer zentralafrikanischer Staaten offen. Die in die alleinige Zuständigkeit der EU fallenden Teile des Interims-WPA würden seit dem 4. August 2014 vorläufig angewandt. Seitdem könne Kamerun dauerhaft zoll- und quotenfrei in die EU exportieren. Bis 2029 solle das Land schrittweise circa 80 Prozent der Zolllinien für Importe aus der EU liberalisieren.
Das Interims-WPA tritt gemäß Artikel 98 Absatz 2 des Abkommens erst nach seiner Ratifizierung durch sämtliche Vertragsparteien in Kraft. Die Ratifizierung durch Kamerun und 19 EU-Mitgliedstaaten sei bereits erfolgt, teilt die Bundesregierung mit.
Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Gesetzentwurf
Berlin: (hib/SAS) Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf (20/12201) zum Wirtschaftspartnerschaftsabkommen vom 10. Juni 2016 zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den SADC-WPA-Staaten andererseits vorgelegt.
Damit soll das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) von Deutschland als Mitgliedstaat der EU ratifiziert werden, wozu ein Beschluss des Bundestages erforderlich ist. Der Bundesrat hat bereits entschieden, keine Einwände zu erheben, wie die Bundesregierung mitteilt.
Das Abkommen mit der Südafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft (Southern African Development Community, SADC) zielt auf den schrittweisen Abbau von Handelshemmnissen im Einklang mit den Vorgaben der Welthandelsorganisation ab. Zudem soll die Handels- und Entwicklungspartnerschaft gestärkt und die nachhaltige Entwicklung in den SADC-WPA-Staaten Botsuana, Lesotho, Mosambik, Namibia, Südafrika und Eswatini gefördert werden. Somit leiste das Abkommen einen Beitrag zur rechtzeitigen Erreichung der Agenda-2030-Ziele.
Gemäß Artikel 113 Absatz 2 des WPA tritt dieses erst nach seiner Ratifizierung durch sämtliche Vertragsparteien in Kraft. Bisher haben es die SADC-WPA-Staaten und zwölf EU-Mitgliedstaaten ratifiziert.
Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Kleine Anfrage
Berlin: (hib/SAS) Die AfD-Fraktion erkundigt sich in einer Kleinen Anfrage (20/12114) nach der Umsetzung eines Projekts für entwaldungsfreie ländliche Entwicklung in Kolumbien.
Die Abgeordneten möchten unter anderem erfahren, welche Einzelmaßnahmen des von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) getragenen Projektes bereits verwirklicht wurden, welche Kosten für Verwaltung, Personal und Durchführung anfallen und wie die lokale Bevölkerung eingebunden wird.
Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Gesetzentwurf
Berlin: (hib/SAS) Zum Interims-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen vom 28. Juli 2016 zwischen Ghana einerseits und der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten andererseits hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorgelegt (20/12200).
Damit soll das Interims-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (Interims-WPA) von Deutschland als Mitglied der EU ratifiziert werden, wozu ein Beschluss des Bundestags erforderlich ist. Der Bundesrat habe bereits beschlossen, keine Einwendungen zu erheben, schreibt die Bundesregierung.
Ziel des Übergangsabkommens sei es, Ghanas zoll- und quotenfreien Zugang zum EU-Markt zu erhalten und das Abkommen durch eine Liberalisierung des ghanaischen Marktes auf eine den Vorgaben der Welthandelsorganisation konforme Grundlage zu stellen, sowie die Handels- und Entwicklungszusammenarbeit zu stärken, schreibt die Bundesregierung in der Vorlage. Somit leiste es einen Beitrag zur rechtzeitigen Erreichung der Ziele der Agenda 2030 der Vereinten Nationen.
Nach Artikel 75 Absatz 2 des Interims-WPA tritt dieses erst in Kraft, wenn alle Vertragsparteien es ratifiziert haben. Bislang haben es Ghana und sieben EU-Mitgliedstaaten ratifiziert.
Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Gesetzentwurf
Berlin: (hib/SAS) Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf (20/12198) zur Änderung des Abkommen über die Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (IRBD), die Weltbank, vorgelegt.
Hintergrund ist eine vom Gouverneursrat beschlossene Entfernung von Artikel III Abschnitt 3 des IRBD-Abkommens. Dieser begrenze bisher die Ausleihkapazität der IRBD auf die Summe von Eigenkapital und Haftungskapital, schreibt die Bundesregierung in der Vorlage. Allerdings gewährleiste die IRBD „ein effektives Risikomanagement bereits durch ihr modernes Rahmenwerk zur Sicherstellung der Kapitaladäquanz (Capital Adequacy Framework – CAF).“ Die restriktive Regelung des Artikel III Abschnitt 3 des IBRD-Abkommens sei dadurch entbehrlich und solle entfallen, heißt es dort.
Das Vertragsgesetz soll nun die Voraussetzung nach Artikel 59, Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes schaffen, um die Änderung des IRBD-Abkommens zu ratifizieren.
Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Antwort
Berlin: (hib/SAS) Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unterstützt in der Elfenbeinküste den Aufbau einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung. Schwerpunkte des von der Bundesregierung geförderten und von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) organisierten, dezentral ausgerichteten Projektes sei die „Verbesserung der rechtlichen, technischen und wirtschaftlichen Etablierung einer nachhaltigen, privatwirtschaftlich getragenen Forstwirtschaft“, erklärt die Bundesregierung in einer Antwort (20/12073) auf eine Kleine Anfrage (20/11834) der AfD-Fraktion.
Konkret gehe es in dem Projekt um Aufforstungs- und Agroforstmaßnahmen im ländlichen Raum. Zielgruppe sei die Lokalbevölkerung, wie etwa agroforstliche Betriebe, Bauern, Waldbesitzer, kleine Forstbetriebe sowie holzverarbeitende Unternehmen.
Das Projekt befinde sich noch in der Vorbereitungsphase, mit der Umsetzung sei noch nicht begonnen worden, heißt es in der Antwort weiter. Aktuell werde Personal rekrutiert, die nötige Infrastruktur aufgebaut und es würden technische Basisstudien durchgeführt. Als politischer Partner beteilige sich das Ministerium für Wasser und Forstwirtschaft an der Gesamtsteuerung des Projekte. Es stelle auch Fachkräfte zur Verfügung und übernehme Koordinierungsaufgaben.
Die AfD hatte sich in ihrer Kleinen Anfrage unter anderem nach der Umsetzung des Projektes und eingebundenen Regierungsbehörden in der Elfenbeinküste erkundigt.
Haushalt/Ausschuss
Berlin: (hib/SCR) Der Haushaltsausschuss hat am Mittwochnachmittag den von der Bundesregierung eingebrachten „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes 2024 und zur Änderung des Stabilisierungsfondsgesetzes“ (20/11522) ohne Aussprache beschlossen. Für den Entwurf in geänderter Fassung stimmten im Ausschuss SPD, Bündnis 90/Die Grüne und FDP bei Enthaltung von CDU/CSU, Die Linke und BSW, die AfD stimmte dagegen. Die abschließende Beratung des Entwurfs im Plenum des Bundestages ist für Donnerstag, 4. Juli 2024 vorgesehen.
Mit dem Gesetz werden im Wesentlichen finanzielle Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern umgesetzt. Dazu wird die Verteilung der Umsatzsteuer angepasst. Durch einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen wurden zwei weitere Punkte im Entwurf aufgenommen.
Umgesetzt wird erstens die flüchtlingskostenbezogene Abschlagszahlung, auf die sich Bundeskanzler und Ministerpräsidenten im November 2023 verständigt hatten. Sie beträgt nach dem Entwurf 500 Millionen Euro im Jahr 2024 zugunsten der Länder.
Zweitens wird die finanzielle Entlastung der Länder im Zusammenhang mit der Erstellung von Wärmeplänen im Finanzausgleichsgesetz umgesetzt. Dazu verzichtet der Bund ab 2024 bis einschließlich 2028 zugunsten der Länder auf jeweils 100 Millionen Euro aus dem Umsatzsteueraufkommen.
Drittens sieht der Entwurf nunmehr auch die Umsetzung der Finanzierungsvereinbarung für das „Startchancen“-Programm vor. Hierfür erhalten die Länder im Jahr 2024 300 Millionen Euro und in den Jahren 2025 bis 2029 jeweils 600 Millionen Euro zusätzlich aus der Umsatzsteuer zu Lasten des Bundes.
Viertens sollen die Vereinbarungen aus dem „Pakt für den öffentlichen Gesundheitsdienst“ umgesetzt werden. Dafür erhalten die Länder im laufenden Jahr zusätzlich 600 Millionen Euro aus der Umsatzsteuer zu Lasten des Bundes.
Mit dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen wurde zudem eine Änderung des Fünften Sozialgesetzbuches in den Gesetzentwurf aufgenommen. Vorgesehen ist die Verlängerung einer Verordnungsermächtigung im Zusammenhang mit Abrechnungs- und Kontrollfragen der Regelungen in der Coronavirus-Testverordnung sowie Coronavirus-Impfverordnung.
Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Ausschuss
Berlin: (hib/HAU) Der Zugang zu sauberem Wasser ist absolut zentral für die Erreichung der UN-Nachhaltigkeitsziele (SDG). „Es gibt keine Gesundheit ohne Wasser, keine Bildung, keine Energie, keine Nahrungsmittel und keine Armutsbekämpfung ohne Wasser“, sagte Sareen Malik vom African Civil Society Network on Water and Sanitation (ANEW) am Mittwoch während einer öffentlichen Sitzung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Die Klimakrise sei auch eine Wasserkrise, betonte Malik.
Diese Einschätzung fand Zustimmung bei Alexia Knappmann vom WASH-Netzwerk. Das Netzwerk besteht aus 29 deutschen Nichtregierungsorganisationen, die schwerpunktmäßig in der Entwicklungszusammenarbeit oder der humanitären Not- und Übergangshilfe tätig sind und sich im Arbeitsbereich Wasser-, Sanitärversorgung und Hygiene (WASH) engagieren. „Wir werden bei den Entwicklungszielen scheitern, wenn wir das Wasserproblem nicht lösen“, sagte Knappmann.
Malik würdigte zu Beginn ihrer Ausführungen das deutsche Engagement in der Entwicklungszusammenarbeit. Es sei gelungen, das Recht auf Wasser und sanitäre Versorgung in vielen afrikanischen Ländern zu stärken. Frauen und Mädchen, so Malik weiter, müssten bei der Diskussion um den Wasserzugang und die sanitäre Versorgung verstärkt in den Blick genommen werden. Auch im 21. Jahrhundert müssten Frauen noch immer Wasserkanister auf dem Rücken tragen, beklagte sie.
Als ganz besonders wichtig bezeichnete die Expertin die Bemühung, die Zivilgesellschaft und ihre Organisationen zu unterstützen. Die Finanzierung dafür müsse weiter garantiert werden. „Wir müssen mehr Mittel zur Verfügung stellen, damit die Organisationen im globalen Süden Partner für deutsche Organisationen sein können“, sagte sie. Schließlich müsse vor Ort sichergestellt werden, dass die Mittel auch in die richtigen Kanäle fließen.
Deutschland, so Alexia Knappmann vom WASH-Netzwerk, bleibe weiterhin der zweitgrößte bilaterale Geber in dem Sektor. „Wir beobachten aber mit großer Sorge, dass im dritten Jahr in Folge die Mittel gekürzt werden und der Anteil für WASH Jahr für Jahr weiter sinkt“, sagte sie. Wie wichtig eine übergeordnete politische Priorisierung von WASH wäre, zeige sich auch in der globalen Gesundheits- und Klimapolitik. „Sauberes Wasser, sichere Sanitäranlagen und gute Hygiene sind die erste Verteidigungslinie gegen Infektionen“, sagte Knappmann.
Noch heute habe aber jede zweite Gesundheitseinrichtung weltweit keine Basishygiene. Ärzte und Pfleger könnten sich die Hände nicht ausreichend mit Seife waschen. Das zwinge sie dazu, mehr Antibiotika einzusetzen, was wiederum Resistenzen fördere, sagte die Expertin. Allein 2022 habe es 2,6 Millionen Fälle von Krankenhausinfektionen gegeben. Fast 280.000 Menschen seien daran gestorben. Knappmann forderte, die Durchsetzung der Menschenrechte auf Wasser und Sanitärversorgung (SDG 6) „als Schlüsselthema zur Erreichung der Agenda 2030 politisch zu priorisieren“.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Niels Annen (SPD), sieht die Erreichung des SDG 6 als gefährdet an. Wasser sei aber der Schlüssel zu vielfältiger weltweiter Entwicklung. „Deswegen berücksichtigen wir das als Priorität“, sagte der Staatssekretär. Sehr wichtig sei es der Bundesregierung auch, die von Sareen Malik angesprochene Lage der Frauen und Mädchen im Blick zu behalten.
Finanzen/Ausschuss
Berlin: (hib/BAL) Eine steuerliche Entlastung von Landwirten hat die Ampel-Koalition auf den Weg gebracht. Der Finanzausschuss stimmte am Mittwoch mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP sowie der oppositionellen AfD dafür, die Tarifglättung in der Einkommensteuer für Landwirte wiedereinzuführen. Dies führe zu einer jährlichen Steuerentlastung von im Durchschnitt 50 Millionen Euro.
Der entsprechende Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und FDP (20/11947) steht bereits am kommenden Freitag auf der Tagesordnung des Plenums. Allerdings haben die Ampel-Fraktionen noch einen Änderungsantrag eingebracht, der eine doppelte steuerliche Inanspruchnahme der Tarifglättung mit Verlustrückträgen vermeiden soll. Dieser Antrag wurde ebenfalls mit den Stimmen der Koalition sowie der AfD- gegen die Stimmen der CDU/CSU-Fraktion angenommen, die Gruppe Die Linke enthielt sich hier.
Gegen den gesamten Gesetzentwurf stimmten die CDU/CSU-Fraktion sowie die Gruppe Die Linke. Die Gruppe BSW war nicht anwesend.
Die steuerliche Tarifglättung solle witterungsbedingte Gewinnschwankungen ausgleichen, hieß es aus der SPD-Fraktion. Vor allem kleine und mittlere Betriebe würden davon profitieren. Dies sei auch sinnvoller als eine steuerliche Risikoausgleichsrücklage, die vor allem zu einer Verschiebung der Steuerbelastung führe. Man sei dankbar für die öffentliche Anhörung vom vergangenen Montag, dort sei auf den Zusammenhang mit der Verlustverrechnung hingewiesen worden. Eine doppelte Begünstigung wolle man vermeiden.
Die CDU/CSU-Fraktion sprach von einem alten Instrument, das nun wieder eingeführt werde. Grund seien die Bauernproteste gewesen, deren Ursache in der gestrichenen Agrardieselsubvention lagen. Unterm Strich gleiche die Tarifglättung diese Maßnahme bei weitem nicht aus. Hingewiesen wurde auch darauf, dass in der Anhörung sämtliche Sachverständige für die Risikoausgleichsrücklage plädiert hätten. Insbesondere ostdeutsche Betriebe würden von der Tarifglättung nicht profitieren.
In Zeiten von Großwetterlagen bringe die Tarifglättung etwas mehr Sicherheit, wurde aus der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen erklärt. Zwar gleiche die Maßnahme in der Tat das reduzierte Diesel-Privileg nicht aus. Man könne aber Forderungen von Bauern aufnehmen, die Mehrwertsteuer auf Fleisch zu erhöhen, um damit Maßnahmen zur Verbesserung der Tierhaltung zu finanzieren.
Die FDP-Fraktion betonte, dass kleine und mittlere Betriebe von der steuerlichen Glättung profitieren. Diese Maßnahme sei ein konkreter Fortschritt. Die Unionsfraktion wurde aufgerufen, daran mitzuwirken.
Auch die AfD-Fraktion begrüßte die Maßnahme und wies darauf hin, dass sie diese bereits 2022 gefordert habe. Allerdings sei die Tarifglättung nicht ausreichend angesichts von Mehrbelastungen an anderer Stelle. Die AfD-Fraktion sprach von mehr als 700 Euro an Mehrbelastungen für die Landwirte.
Ernährung und Landwirtschaft/Anhörung
Berlin: (hib/NKI) Eine Mehrheit der Sachverständigen verlangt in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft deutliche Nachbesserungen beim Agrarpaket der Ampelfraktionen. In der Sitzung am Montag begrüßte die Mehrheit der geladenen Sachverständigen zwar, dass das Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetzes (AgrarOLkG) nun endlich angepasst werde, doch die geplanten Änderungen seien nicht ausreichend.
Kritik gab es auch an der Ansetzung des Anhörungstermins. Erst am vergangenen Dienstag sei bekannt geworden, dass die Bundesregierung ein lange versprochenes Agrarpaket (20/11946, 20/11947 und 20/11948) in der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause verabschieden wolle. Die AfD-Fraktion blieb der Anhörung fern. Einmal mehr werde ein Regierungsvorhaben in wenigen Tagen durch das Parlament gebracht, um es in der allerletzten Minute vor der Sommerpause zu beschließen, so die Argumentation.
Mit der Reform des Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetzes (20/11948) will die Bundesregierung die Stellung der Landwirte in der Wertschöpfungskette verbessern. Vor allem unlautere Handelspraktiken sollen unterbunden werden, wie etwa die Kaufpreiszahlung für verderbliche Agrarerzeugnisse später als 30 Tage nach der Lieferung, das Zurückschicken unverkaufter Erzeugnisse vom Handel an den Lieferanten ohne Zahlung des Kaufpreises oder die kurzfristige Stornierung von Bestellungen verderblicher Waren wie Salatköpfe oder Erdbeeren durch den Käufer. Mit dem Gesetz setzt die Bundesregierung die EU-Richtlinie 2019/633 um. Diese kurz UTP-Richtlinie genannte Regelung von 2019 thematisiert unlautere Handelspraktiken in den Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette. Mit der Umsetzung der Richtlinie durch die Mitgliedstaaten in nationales Recht gelte erstmals EU-weit ein einheitlicher Mindestschutzstandard für Erzeuger landwirtschaftlicher Produkte.
Kartellanwalt Kim Manuel Künstner, als Sachverständiger von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen geladen, sprach sich dafür aus, „aufgrund des dynamischen Umfelds, in welchem sich das AgrarOLkG befindet“, eine Erneuerung der Evaluierung vorzunehmen. Die Evaluierung solle insbesondere auch dazu genutzt werden, Entwicklungen in anderen Mitgliedsstaaten und die Auswirkungen der dortigen Instrumente zu beobachten. Bei der Evaluierung solle es nicht nur um den materiell-rechtlichen Gehalt der Verbote gehen. Vielmehr sollten auch Effizienz und Effektivität der behördlichen Durchsetzung in Betracht gezogen werden. Die Mehrheit der im Entwurf vorgesehenen Änderungen erscheine zweckmäßig. Insgesamt und im Vergleich zu den Aktivitäten in anderen Mitgliedstaaten seien die Erweiterungen der Verbote aber allenfalls als moderat zu bezeichnen.
Professor Rainer P. Lademann, auf Einladung der SPD-Fraktion im Ausschuss, verwies ebenfalls auf die Evaluierung und betonte, dass der Evaluierungsbericht gezeigt habe, dass das AgrarOLkG die Verhandlungssituation der Lieferanten des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) verbessert habe. Gleichwohl solle das dem Wettbewerb „immanente Prinzip des Entdeckungsverfahrens nur dort eingeschränkt werden, wo einzelne Regelungen eindeutige Indizien von Marktungleichgewichten sind“, sagte er. Außerdem sei die Aufhebung des befristeten Schutzes von Lieferanten verderblicher Frischprodukte, wie Milch-, Fleisch-, Obst-, Gemüse- und Gartenbauprodukte mit mehr als 350 Millionen Euro Jahresumsatz, „sachgerecht“. Da größere Unternehmen stärker auf den LEH angewiesen seien und häufiger von unfairen Handelspraktiken betroffen seien als kleinere Unternehmen, sei „aus ökonomischer Sicht weder eine Begrenzung der Unternehmensgröße noch bezüglich der Art der Produkte sachgerecht“, sagte Lademann.
Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV), geladen von der CDU/CSU-Fraktion, begrüßt die Reform, sieht jedoch Nachbesserungsbedarf. Die Position der Landwirte als Lieferanten müsse demnach weiter gestärkt werden. Um in der Lebensmittelkette nachhaltig und dauerhaft für Augenhöhe zu sorgen, müssten auf EU- und nationalem Kartellrecht Möglichkeiten geschaffen werden, um Erzeuger zu stärken. Das würde dazu führen, dass sich kleinere und mittlere Lieferanten offen beschweren könnten, ohne Befürchtungen, vom Handel ausgelistet zu werden.
Birgit Buth, Geschäftsführerin beim Deutschen Raiffeisenverband (DRV), auf Einladung der CDU/CSU-Fraktion im Ausschuss, begrüßte „ausdrücklich, dass das AgrarOLkG nun endlich angepasst wird und die wichtige Entfristung des erweiterten Anwendungsbereichs vorgesehen wird“. Vor allem sei positiv, dass das sogenannte Retourenverbot in Paragraf 12 nun zum größten Teil zurückgenommen werde. Es soll künftig nur noch für Erzeugnisse gelten, die nicht mehr länger als 12 Monate verkaufsfähig sind. Auch Buth sprach die Probleme an, die Lieferanten mit dem Handel hätten. Daher sollten Erzeugervereinigungen in jeder Rechtsform insgesamt besser geschützt werden. Andere Mitgliedstaaten hätten Erzeugerzusammenschlüsse von der Anwendung des AgrarOLkG aus diesen Gründen ausgenommen. Sie würden als verlängerter Arm der Erzeuger anerkannt. Diesen verlängerten Arm gelte es zu stärken.
Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), kritisierte, dass die UTP-Richtlinie ursprünglich die Verhandlungspositionen kleinerer Erzeuger verbessern sollte, aber später auch größere lebensmittelverarbeitende Industrieunternehmen mit einem Umsatz von bis zu 350 Millionen Euro in den Anwendungsbereich der Richtlinie einbezogen wurden. Diese Einschränkungen des freien Wettbewerbs gingen schon nach EU-Recht weit über das Verhältnis zwischen Erzeugern und Lebensmitteleinzelhandel hinaus, „ohne geeignet zu sein, die Ertragssituation der Erzeuger zu verbessern“, sagte Genth, der auf Einladung der FDP-Fraktion als Sachverständiger auftrat. Dies folge der Tatsache, dass die Regulierung überwiegend an den Handel adressiert sei, obwohl die Erzeuger nur selten in direkten Vertragsbeziehungen zum Handel stünden. Weniger als zehn Prozent der von den Landwirten erzeugten Produkte würden direkt vom Lebensmitteleinzelhandel abgenommen, dazwischen stehe eine Reihe von kleinen und mittleren Betrieben.
Susanne Uhl, Leiterin des Hauptstadtbüros der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), lehnte den Gesetzentwurf ab. Der enorme Preisdruck im Lebensmittelhandel habe mit der Macht der Konzentration auf die vier Großkonzerne Aldi, Lidl, Edeka und Rewe seine Ursache, das führe zu Lohndruck. „Ein wirksames Gesetz könnte diesen zusätzlichen Lohndruck auf Arbeitnehmer*innen abmildern“, sagte Uhl. Mit Blick auf die Stabilisierung des Lohngefüges und der Tarifbindung müsse eine Gesetzesnovellierung mindestens gewährleisten, dass der enge Anwendungsbereich auf Unternehmen mit einem maximalen Jahresumsatz von 350 Millionen Euro ersatzlos entfalle, die Liste der verbotenen Handelspraktiken durch eine Generalklausel ergänzt werde und die Preiszusammensetzung von Lebensmitteln transparenter werde. „Der vorliegende Gesetzentwurf erfüllt keine dieser Anforderungen“, so das Fazit der NGG-Vertreterin, die der Einladung der SPD-Fraktion gefolgt war.
Auch Elmar Hannen von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), der von der Gruppe Die Linke als Sachverständiger geladen war, ging auf die Arbeitsbedingungen der Menschen ein, die am Anfang der Wertschöpfungskette stünden. Die Politik müsse die Rechte dieser Menschen im In- und Ausland in den Blick nehmen. „Für eine Vielzahl der Bäuerinnen und Bauern in Deutschland und für die Bäuerinnen und Bauern im globalen Süden/weltweit ist mit diesem Entwurf allerdings keine Verbesserung in der Wertschöpfungskette zu erwarten“, sagte Hannen. Damit auch Landwirte direkt vom AgrarOLkG profitieren könnten, brauche es für sie „eine unmittelbar wirksame Stärkung in der Wertschöpfungskette“.
Haushalt/Unterrichtung
Berlin: (hib/SCR) Der Bundesrechnungshof sieht Verbesserungsbedarf im Umgang mit der Europäischen Investitionsbank (EIB). Bei der EIB fehle zum einen eine „unabhängige externene Bankenaufsicht“. Zum anderen würden nicht alle Bereiche der Bank durch eine „unabhängige externe Finanzkontrolle geprüft“. Das schreiben die Rechnungsprüfer in ihrem als Unterrichtung (20/11875) vorgelegten „Bericht nach § 99 der Bundeshaushaltsordnung über die Wahrnehmung der Aufgaben durch die Bundesregierung im Hinblick auf die Beteiligung des Bundes an der Europäischen Investitionsbank“. Die Mängel erhöhten die Risiken der Bank und beeinträchtigten „Transparenz und Rechenschaftspflicht“ gegenüber den Parlamenten der Mitgliedstaaten, warnen die Rechnungsprüfer.
Haushalt/Ausschuss
Berlin: (hib/SCR) Der Haushaltsausschuss hat am Mittwoch dem Antrag des Bundesministeriums für Finanzen zur Entlastung der Bundesregierung für das Haushaltsjahr 2022 (20/7511) mehrheitlich ohne Debatte zugestimmt. Für die Vorlage stimmten die Vertreter der Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP. Gegen den Antrag stimmten die Vertreter der Fraktionen von CDU/CSU und AfD sowie der Gruppe Die Linke .
Grundlage für die Entlastungen waren die Haushalts- und Vermögensrechnung des Bundes und die dazu vom Bundesrechnungshof vorgelegten Bemerkungen.
Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Ausschuss
Berlin: (hib/HAU) Bei der Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele (SDG) bis zum Jahr 2030 ist die Weltgemeinschaft nicht gut unterwegs. Lediglich 15 Prozent der 139 Unterziele „sind aktuell auf dem richtigen Weg“, sagte die Staatsministerin im Bundeskanzleramt, Sarah Ryglewski (SPD), die zugleich Leiterin des Staatssekretärsausschusses für nachhaltige Entwicklung ist, am Mittwoch während einer öffentlichen Sitzung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Bei 20 Prozent seien die Indikatoren sogar hinter den Ausgangswert aus dem Jahr 2015 zurückgefallen. Positiv bewertete Ryglewski, dass beim SDG-Gipfel im vergangenen Jahr die Mitgliedsländer der Vereinten Nationen sich dennoch zur Agenda 2030 bekannt hätten. „Wir als Bundesregierung haben dabei angekündigt, dass wir zwölf Schlüsselbeiträge liefern werden“, sagte die Staatsministerin.
Deutschland habe – gemeinsam mit der Weltbank – das Bündnis für globale Ernährungssicherheit ins Leben gerufen. Zum Thema Klimafinanzierung verwies Ryglewski auf Haushaltsmittel in Höhe von mehr als sechs Milliarden Euro, die 2022 für Klimaschutz und Klimaanpassung in Entwicklungs- und Schwellenländern zur Verfügung gestellt worden seien.
Auf Nachfrage erläuterte die Staatsministerin den Ansatz der Bundesregierung, die Zivilgesellschaft zu stärken. Gerade in autokratischen Staaten gelte es, eine kritische Masse zu bilden, „die Einfluss darauf nehmen kann, auf welche Art und Weise solche Länder regiert werden“. Nur so könne sich in den Staaten etwas ändern. Es brauche Strukturen, die eine Kontrolle des Mitteleinsatzes in den Ländern ermögliche.
Staatsministerin Ryglewski ging auch auf die Weiterentwicklung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) bis Ende 2024 ein. Darin werde nicht nur das Klima in den Blick genommen. „Auch bei Teilzielen im sozialen Bereich werden wir klarer“, sagte sie. Fragen der Bildungsbeteiligung, der Aufstiegsmobilität sowie der Gleichstellung seien stärker adressiert worden. Sie wünsche sich, so Ryglewski, dass es im Rahmen des laufenden Dialogprozesses mehr Stellungnahmen aus dem parlamentarischen Bereich gibt. Es brauche eine Nachhaltigkeitsstrategie, die auch vom Bundestag breit getragen werde.
Marie-Luise Abshagen, Leiterin Nachhaltigkeitspolitik beim Forum Umwelt und Entwicklung, sieht in der Nachhaltigkeitsstrategie hingegen einen „zahnlosen Tiger“, solange die Strategie „irrelevant für die deutsche Politik bleibt“. Habe sie keinen Einfluss auf Politik, „können wir sie tausendmal überarbeiten“. Nicht nur der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung sollte auf die Strategie schauen, sondern alle Ausschüsse.
Abshagen unterstütze die Forderung des von der Bundesregierung geförderten Sustainable Development Solutions Network Germany (Deutsches Lösungsnetzwerk für nachhaltige Entwicklung; SDSN Germany), sogenannte Spillover-Effekte (Übertragungseffekte) in der Nachhaltigkeitsstrategie zu verankern. Deutschland schneide aufgrund von nicht-nachhaltigen Verhaltensweisen in Produktion und Konsum im sogenannten Spillover-Ranking schlecht ab. Im Ranking würden Umwelt- und Sozialauswirkungen des deutschen Wirtschafts- und Handelsmodels „besonders schwerwiegend aufgezeichnet“.
Ziel müsse daher sein, negative Spillover-Effekte zu vermeiden, um andere Länder nicht in der Umsetzung der Agenda 2030 zu behindern, sondern gemeinsam an der globalen Implementierung dieser zu arbeiten. Eine klare Adressierung negativer Spillover-Effekte und das Schaffen verbindlicher Strukturen in der Nachhaltigkeitsstrategie als nationale Strategie für die Implementierung der Agenda 2030, sei daher notwendig.
Deutschland, so Abshagen, brauche einen SDG-Verbindlichkeits-Boost. Sie stellte mehrere Maßnahmen vor, mit denen auch im letzten Jahr der Legislaturperiode die SDGs vorangebracht werden könnten. Unter anderem forderte sie ein Exportstopp für gefährliche Pestizide, die in der EU bereits verboten sind. Auch müsse die Vorreiterrolle des öffentlichen Auftraggebers in der Nachhaltigkeit gestärkt werden.
Abshagen sprach sich außerdem für die Abschaffung klimaschädlicher Subventionen aus. Der „Elefant im Raum“ seien aber die benötigten öffentlichen Investitionen „für Gemeinwohl und Nachhaltigkeit“ anstelle von Haushaltskürzungen. Jeder Euro, der in die Entwicklungszusammenarbeit geht, spare später vier Euro für humanitäre Nothilfe, sagte sie. Nicht nur aus ethischen Gründen sei es daher geboten, weiterhin mit den Menschen im globalen Süden zusammenzuarbeiten. Es gebe auch geostrategische und sicherheitspolitische Argumente dafür.
Finanzen/Ausschuss
Berlin: (hib/BAL) Geldwäsche soll in Deutschland besser bekämpft werden. Das ist das Ziel des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (20/9648) zur Verbesserung der Bekämpfung von Finanzkriminalität (Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz, FKBG), das der Finanzausschuss am Mittwochvormittag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die Stimmen der CDU/CSU- und der AfD-Fraktion sowie der Gruppe Die Linke verabschiedet hat. Die Ampel-Fraktionen hatten am Dienstagabend noch kurzfristig sechs Änderungsanträge eingebracht, die auf teilweise Zustimmung der Unionsfraktion stießen.
Die Koalition habe die Anhörung vom Januar ausgewertet und versucht, Rückmeldungen aus den Ländern, von den Sicherheitsbehörden und aus den Fraktionen aufzunehmen, hieß es aus der SPD-Fraktion. Zugleich wurde darauf hingewiesen, dass in dieser Woche das parlamentarische Gremium zur Finanzaufsichtsbehörde Financial Intelligence Unit (FIU) eingerichtet werde. Ob der Gesetzentwurf bereits in der nächsten Woche im Bundestag beschlossen werden kann, stellte die SPD-Fraktion in Frage. Es gebe einen Sachzusammenhang zum Vermögensverschleierungsgesetz. Dieses solle die Bundesregierung zeitnah in den Bundestag einbringen.
Bei der Unionsfraktion stößt das Gesetz auf Ablehnung. Gewarnt wurde vor Parallelstrukturen durch verschiedene Behörden. Dieser Umstand erschwere es auch, ausreichend qualifiziertes Personal zu gewinnen, wobei die Gefahr bestehe, dass die verschiedenen Behörden sich gegenseitig Mitarbeiter abwerben. Zugestanden wurde, dass die Ampel-Koalition mit ihren kurzfristigen Änderungen einige sinnvolle Vorschläge aufgenommen habe.
Die Fraktion der Grünen wies darauf hin, dass die Ampel-Koalition die Kritik der internationalen Standardsetzerin im Bereich Geldwäsche, der FATF, an Deutschland aufgegriffen habe. Positiv wurde hervorgehoben, dass ein Konsens bestehe über die parlamentarische Kontrolle der Geldwäschebekämpfungsbehörden. Das FIU-Gremium werde auch das künftige Ermittlungszentrum Geldwäsche parlamentarisch kontrollieren.
Auch aus der FDP-Fraktion hieß es, die Koalition orientiere sich mit ihrem Gesetzentwurf an den Empfehlungen der FATF. Künftig werde wie international üblich im Kampf gegen Geldwäsche ein „Follow-the-Money-Ansatz“ verfolgt. Es gehe um dicke Fische und Sanktionsbrecher. Gelobt wurde, dass im neuen Bundesamt zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (BBF) ein eigenes Aus- und Fortbildungsprogramm aufgenommen wurde.
Die AfD-Fraktion beschwerte sich abermals, dass sie nicht in dem FIU-Gremium vertreten sei. An dem Gesetzentwurf generell bemängelte sie, dass es nicht eine zentrale Behörde gebe, dies auch mit Blick auf die Kompetenzen der Bundesländer.
Die Gruppe Die Linke bemängelte, dass der Gesetzentwurf hinter den Referentenentwurf zurückgefallen sei. Die beteiligten Behörden würden auch künftig getrennt voneinander agieren. Es fehle der politische Wille, Geldwäsche konsequent zu bekämpfen.
Auswärtiges/Anhörung
Berlin: (hib/HAU) Bei einer öffentlichen Anhörung des Auswärtigen Ausschusses zum Thema „Der Einsatz von privaten Sicherheits- und Militärdienstleistern in bewaffneten Konflikten“ am Montag haben die geladenen Sachverständigen deutlich gemacht, dass insbesondere die russische Firma Wagner kein rein privates Militärunternehmen ist, sondern „einen klaren Kampfauftrag durch den russischen Staat“ hat, wie Susanne Conrad, Referentin für Recht und Sicherheit in der Abteilung Subsahara-Afrika bei der Konrad-Adenauer-Stiftung, sagte. Professor Anja Jakobi, Leiterin des Instituts für Internationale Beziehungen am Department für Sozialwissenschaften der TU Braunschweig, verwies darauf, dass die politische Nähe zur russischen Führung zwar lange bestritten worden sei. Durch die Restrukturierung zum sogenanntem Afrika-Korps werde aber deutlich, „wie eng die Verbindung war“.
Söldnergruppen wie Wagner unterminierten die friedensfördernden Ansätze der Vereinten Nationen in den betroffenen Regionen, betonte Andreas Wittkowsky, Wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF). Professor Herbert Wulf vom Institut für Entwicklung und Frieden (INEF) an der Universität Essen/Duisburg sprach im Zusammenhang mit der erfolgten Umetikettierung der Wagner-Gruppe zum Afrika-Korps von einer „russischen Söldnerdiplomatie“.
Die russische Regierung habe lange ein politisches Versteckspiel betrieben, indem sie die Wagner-Gruppe „tolerierte, registrierte und sponserte, gleichzeitig aber behauptete, für deren Aktionen nicht verantwortlich zu sein“, sagte Wulf. Die Wagner-Gruppe sei so aber zu einem „Staat im Staate“ geworden. Durch die Umetikettierung zum Afrika-Korps werde sie nun der „außenpolitischen Ideologie untergeordnet“.
Der Experte sprach von einer „Win-Win-Situation“. Durch die Unterstützung für autokratische Regime erhalte Russland Zugriff auf Rohstoffe und Ressourcen, helfe aber auch, den Kampf gegen Separatisten und Jihadisten zu führen. Russland biete zugleich eine Alternative zum Westen und nutze die anti-europäische, anti-französische und anti-koloniale Stimmung in den Einsatzländern, sagte er.
Das Afrika-Korps, so Susanne Conrad, diene dazu, die geostrategischen Ziele Russlands in Afrika „kohärent zu verfolgen“. Es gehe darum, die westliche Einflusssphäre in Afrika durch eine russische zu ersetzen und die Sicherheit in Europa über die südliche Nachbarschaftsperipherie zu destabilisieren. Innerhalb von nur zweieinhalb Jahren habe der russische Staat es erreicht, ein antiwestliches Fundament in der südlichen Nachbarschaft der Nato zu schaffen.
Die Mischung aus paramilitärischer Kampfeinheit und Informationskrieg, finanziert durch die Ressourcenausbeutung afrikanischer Staaten, habe sich für Moskau bezahlt gemacht, sagte Conrad. Insbesondere der politische und militärpolitische Einfluss Frankreichs und der USA sei in Teilen Westafrikas signifikant zurückgedrängt worden. Conrad forderte eine internationale Kontrolle und ein politisches Regelwerk der internationalen Gemeinschaft, um dem menschenverachtenden und kriminellen Verhalten des russischen Einflusses in Afrika entgegenzuwirken.
Für ein UN-Regelwerk, dass schlussendlich auch durchgesetzt werden müsse, plädierte auch ZIF-Vertreter Andreas Wittkowsky. Aktuell sehe man aber bei den Vereinten Nationen die Mitgliedsstaaten in der Verantwortung, entsprechende Regelungen durchzusetzen. Daran hätten bestimmte Mitgliedstaaten jedoch kein Interesse, sagte er. Gleichwohl gelte es, „das dicke Brett weiter zu bohren“.
Wittkowsky verwies auf die besonderen Schwierigkeiten für internationale Friedenseinsätze, wenn man vor Ort mit der Anwesenheit der Wagner-Gruppe oder auch der Nachfolgeorganisation Afrika-Korps konfrontiert sei. Auf UN-Ebene wisse man, dass die Söldnereinsätze Friedensmissionen gefährden. Erhöht werde zudem das Risiko von Menschenrechtsverstößen sowie von gewaltsamen Rekrutierungen in der Zivilbevölkerung. Laut Wittkowsky seien die UN-Missionen in Mali und in der Zentralafrikanischen Republik in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Die Sicherheit des UN-Personals sei gefährdet. Im Ergebnis führe all dies zu einem „Reputationsverlust der UN in der örtlichen Bevölkerung“.
Man müsse sich klarmachen, so sagte Anja Jakobi, dass „privater Akteur“ in Autokratien und liberalen Demokratien „etwas anderes meint“. Das Label „Privater Akteur“ dürfe daher nicht gleichgesetzt werden. Jakobi sieht Deutschland aufgefordert, multilaterale Instrumente wie Friedensmissionen langfristig weiterzuentwickeln und so zu gestalten, „dass sie als erfolgreiche Beispiele zur Konfliktbewältigung gelten können“. Im Moment seien sie das „nicht unbedingt“.
Das humanitäre Völkerrecht werde insbesondere durch die Militärdienstleister des neuen Typs, die einerseits eine Kapazitätslücke der bestehenden Militärs füllten, andererseits auch die Nachfrage nach Militärdienstleistungen außerhalb geltender Normen erfüllten, weiter herausgefordert, sagte Jakobi. Auf dessen Einhaltung sollte jedoch bestanden werden. Aus ihrer Sicht sollten Möglichkeiten wie Sanktionen, Exportverbote von Waffen oder multilaterale Verträge zur Verfolgung von Kriegsverbrechen umfassend ausgeschöpft werden. Zu prüfen sei zudem, inwiefern bestimmte Militärdienstleister bei gewaltsamen Einsätzen selbst als kriminelle Gruppe zu klassifizieren seien, „und damit ein anderer Umgang mit ihnen, ihren Unterstützern, ihren Auftraggebern und ihren Finanzströmen möglich ist“.
Finanzen/Antwort
Berlin: (hib/NKI) Die Kleine Anfrage (20/11475) der Gruppe BSW zum Export von Munitions- und Rüstungsgütern mit Zolltarifnummern (HS-Codes), beginnend mit 8710, 9301, 9302 sowie dem HS-Code 8906 1000, im Zeitraum von Juli, August und September 2023, beantwortet die Bundesregierung (20/11782) mit dem Verweis auf die allgemeine Verwaltungsvorschrift zum materiellen Geheimschutz (Verschlusssachenanweisung, VSA) vom 10. August 2018.
Demnach sind Informationen, deren Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein kann, entsprechend einzustufen. „Da es sich bei den hier angefragten Informationen um insgesamt sicherheitsrelevante Angaben über Art und Umfang der Ausfuhr von Munitions- und Rüstungsgütern in Drittländer handelt, ist im Hinblick auf das Staatswohl und den Schutz der bilateralen Beziehungen die Einstufung als Verschlusssache mit dem Geheimhaltungsgrad ‚VS – Nur für den Dienstgebrauch‘ erforderlich“, heißt es in der Antwort.
Wirtschaft/Antwort
Berlin: (hib/NKI) In der aktuellen Legislaturperiode wurden vier Anträge auf Übernahme einer Exportkreditgarantie abgelehnt, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/11835) auf eine Kleine Anfrage (20/11548) der AfD-Fraktion.
Die Ablehnungen erfolgten in zwei Fällen aufgrund fehlender Förderungswürdigkeit, einmal aufgrund eines parallelen Schadenfalls in der Unternehmensgruppe des Bestellers und einmal aufgrund unzureichender Sicherheiten. Eine Umwelt-, Sozial- oder Menschenrechtsprüfung sei in allen Fällen aufgrund der Geschäftsstruktur nicht erforderlich gewesen.
Zudem konnte in der aktuellen Legislaturperiode zwölf Neuanträgen auf Investitionsgarantien für insgesamt zehn Projekte nicht entsprochen werden, heißt es in der Antwort. Dabei habe es sich um Projekte der Kraftfahrzeug- sowie der Papierindustrie jeweils in China gehandelt. Acht Anträgen seien aufgrund des sogenannten Deckungsplafonds (Obergrenze von drei Milliarden Euro pro Land und Unternehmen) nicht entsprochen werden. Diese acht Anträge seien bereits vor Durchführung der Prüfung der Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsaspekte von Seiten der antragstellenden Unternehmen zurückgezogen worden.
Schließlich seien vier Anträge aufgrund von Leistungen vor Antragstellung beziehungsweise verspäteter Vervollständigung des Antrags abgelehnt worden.
Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Antwort
Berlin: (hib/SAS) Höhere Kosten unter anderem für Anzeigen, Publikationen und Veranstaltungen führt die Bundesregierung als Grund für die im Haushalt 2023 des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) erhöhten Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit sowie für Konferenzen und Tagungen an. „Die Anmeldung für Mehrbedarfe in den beiden Titelansätzen erfolgte mit Blick auf bereits festzustellende und weiterhin zu erwartende Preiserhöhungen (…)“, heißt es in einer Antwort der Bundesregierung (20/11766) auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion (20/11517).
Die Gesamtkosten der Öffentlichkeitarbeit des BMZ entsprächen dem Titelansatz für Öffentlichkeitsarbeit und bezögen sich ausschließlich auf Maßnahmen im Inland, erklärt die Regierung weiter. Für die Kommunikation der Bundesregierung im Ausland sei das Auswärtige Amt über seine Vertretungen vor Ort zuständig.
Eine Evaluation der BMZ-Öffentlichkeitarbeit finde statt: „Wie alle Vorhaben der Bundesregierung werden auch die zur Information und Aufklärung der Bevölkerung getroffenen Maßnahmen von der Bundesregierung darauf analysiert, ob die damit verfolgten Ziele erreicht werden konnten“, heißt es in der Antwort. Die Evaluation sei aber nicht zur Veröffentlichung bestimmt. Die erhobenen Daten bildeten die „Basis für die internen Schlussfolgerungen“.
Eine Übersicht der Öffentlichkeitsmaßnahmen der Bundesregierung für die Jahre 2022 und 2023 sei unter https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/newsletter-und-abos/oeffentlichkeitsarbeit zu finden.
Parlamentarischer Beirat für nachhaltige Entwicklung/Ausschuss
Berlin: (hib/HAU) Die Staatsministerin für Bund-Länder-Beziehungen und nachhaltige Entwicklung beim Bundeskanzler, Sarah Ryglewski (SPD), hat am Mittwoch vor dem Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung die Dialogfassung zur Weiterentwicklung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie 2024 vorgestellt. Ryglewski sprach von einer guten Diskussionsgrundlage. Sie hoffe auf eine rege Beteiligung aus dem öffentlichen wie auch dem parlamentarischen Raum.
Bis Ende Juli werde das Onlineportal für die Beteiligung offengehalten, kündigte die Staatsministerin an. Die Teilnahmemöglichkeit sei bewusst niedrigschwellig angesetzt worden. Einzig die Registrierung mit einer E-Mail-Adresse werde gefordert. Die Bundesregierung habe versucht, ein gewisses Maß an Barrierefreiheit herzustellen, „was noch nicht vollständig gelungen ist“, wie Ryglewski sagte. Wesentliche Informationen seien aber auch in leichter Sprache zugänglich.
Im Juli, so die Regierungsvertreterin, beginne die Auswertung, wo nach besonderen Änderungswünschen im Rahmen der Beteiligung geschaut werde. Im September werde es dann das Forum Nachhaltigkeit im Kanzleramt geben, wozu verschiedene Akteure eingeladen seien – unter anderen auch der Vorsitzende des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung. Gegen Ende des Jahres solle dann die neue Nachhaltigkeitsstrategie vorliegen.
Inhaltlich gliedert sich die Vorlage in die drei Kapitel „Herausforderungen international und national“, „Transformationsbereiche“ und „Hebel“. Globale Herausforderungen stellt die Agenda 2030 dar, bei den nationalen Herausforderungen geht es um ein „klimaneutrales, umweltgerechtes Deutschland“.
Bei den Transformationsbereichen finden sich unter anderem Energiewende und Klimaschutz, Kreislaufwirtschaft, nachhaltiges Bauen und nachhaltige Mobilität, aber auch die soziale Gerechtigkeit. Zu jedem Bereich werden auch Übertragungseffekte (Spillover-Effekte) aufgeführt.
Als Hebel benennt die Dialogfassung zur Weiterentwicklung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie die Regierungsführung (Governance), gesellschaftliche Mobilisierung und Teilhabe, Finanzen sowie Forschung, Innovation und Digitalisierung neben der internationalen Verantwortung und Zusammenarbeit.
In einem „Ausblick“ verweist die Bundesregierung auf die von ihr verfolgte Doppelstrategie. Zum einen müsse Nachhaltigkeitspolitik noch stärker zu einem alle Politikbereiche prägenden Leitprinzip werden, was eine konsequente Ausrichtung der Politik an nachhaltiger Entwicklung nicht nur als übergreifendes Leitprinzip, sondern im Sinne des „Whole-of Government“-Ansatzes auch als wirksames Querschnittsprinzip in allen Politikfeldern und im gelebten Verwaltungshandeln bedeute, heißt es in der Vorlage. Zum anderen müssten Prioritäten gesetzt und Aktivitäten in besonders wichtigen Themenbereichen verstärkt werden, wie dies derzeit in den sechs Transformationsbereichen und in den sogenannten Hebeln der Nachhaltigkeitspolitik geschehe.
Im Rahmen einer Fragerunde betonte die Staatsministerin für nachhaltige Entwicklung, die größte Herausforderung sei es, „das Ganze ernsthaft mit einer Verbindlichkeit zu hinterlegen“. Statt in jedem Kapitel das Rad neu zu erfinden, würden vorhandene Ansätze der Bundesregierung aufgegriffen. Beispiele dafür seien die Kreislaufwirtschaft und die Außenwirtschaftspolitik. „Da muss an bestimmten Stellen stärker die Nachhaltigkeitsbrille drauf“, sagte Ryglewski.
Beim Thema Indikatoren sei „deutlich kritischer“ hingeschaut worden. Es seien nicht nur Sachen aufgeführt worden, die sich schon jetzt gut messen ließen und wo der Erfolg schon absehbar sei. „Wir haben bewusst Indikatoren aufgenommen, über die man auch streiten kann und wo man im Zweifelsfall auch gegensteuern kann“, sagte die Staatsministerin. Es brauche also Indikatoren, „die das Richtige messen“, dazu eine Verzahnung mit dem Regierungshandeln und die Sicherstellung, „dass wir dafür die finanziellen Grundlagen haben“.
Zielkonflikte, so Ryglewski auf Nachfrage, spielten durchaus eine Rolle. Man müsse im Auge haben, „was löst das, was wir möchten, woanders aus“. Ziele könnten aber auch so justiert werden, dass man Konflikten entkommen könne, befand sie. Die EU-Nachhaltigkeitsziele hätten den Charme, „dass sie wie Bausteine ineinandergreifen“. Es gebe also immer Möglichkeiten, Zielkonflikte aufzulösen, sagte die Staatsministerin für nachhaltige Entwicklung.
Finanzen/Ausschuss
Berlin: (hib/BAL) Hohe Staatsschulden sind aus Sicht der Währungshüterin Elisabeth Schnabel kritisch zu betrachten. Insbesondere mit Blick auf die Vereinigten Staaten drückte das Mitglied im Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) am Mittwoch vor dem Finanzausschuss des Bundestags seine Sorgen aus. Sie sei unsicher, ob die USA in puncto Fiskalpolitik ein „Musterbeispiel“ sei, sagte Schnabel.
Weiter sprach sie von „fiskalischer Resilienz“ und erklärte: „Mit niedrigeren Schuldenständen kann man besser auf Krisen reagieren.“ Allerdings betonte sie auch, dass entscheidend die Schuldenquoten seien, also das Verhältnis von Schulden zur Wirtschaftsleistung eines Staates. In guten Zeiten müssten die Staaten Schulden abbauen, allerdings dürfe dies nicht zulasten von Investitionen und damit von Wachstum gehen. Eine konkrete Aussage zur aktuellen Haushaltspolitik in Deutschland wollte die Ökonomin nicht machen.
Schnabel beantwortete eine Reihe von Fragen der Parlamentarier. Dabei ging es auch um die derzeitige Ausrichtung der EZB in der Geldpolitik, keinen Zinssenkungspfad vorzugeben, sondern auf Grundlage der jeweils aktuellen Datenlage zu handeln. Schnabel sprach dabei von einer Reaktionsfunktion der EZB aus drei Komponenten: Erstens gehe es um den Inflationsausblick mit Blick auf zwei bis drei Jahre. Zweitens beobachte die EZB die aktuelle Steigerung der Preise, insbesondere die Kerninflation, und hier derzeit wiederum die Inflation im Bereich der Dienstleistungen. Drittens sei die geldpolitische Transmission bedeutend, also die Frage, wie stark Änderungen der EZB-Leitzinsen zu Impulsen auf die Wirtschaft führen.
Schnabel ging in der Sitzung näher auf das Thema Dienstleistungsinflation ein. Diese erweise sich als hartnäckig. Die derzeit zu beobachtenden Preissteigerungen gingen zum größten Teil auf diese Komponente zurück. „Wir sind nicht wieder in der Situation wie vor der Pandemie“, erklärte Schnabel.
Die Notenbankerin äußerte sich auch zum Thema Kapitalmarktunion. Hier sei am wichtigsten eine stärker zentralisierte Aufsicht über die Akteure an den Kapitalmärkten, „wie es im Bereich der Banken sehr erfolgreich erfolgt ist“, sagte Schnabel. Zumindest für die größeren Spieler sei eine „gleichmäßige Aufsicht“ wünschenswert. Nicht „das Allerwichtigste“ sei dabei das Thema Verbriefungsmarkt. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte sich Mitte Mai im Finanzausschuss diesbezüglich noch gegenteilig geäußert: https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-1002932
Petitionen/Ausschuss
Berlin: (hib/HAU) Deutsche Finanzhilfen zur Schaffung von nachhaltiger Energiesicherheit und zur Stärkung der Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel in Afrika sollten statt den jeweiligen Regierungen den zivilgesellschaftlichen Organisationen vor Ort zur Verfügung gestellt werden. Diese Forderung erhoben die Klimaaktivistin Hilda Nakabuye aus Uganda und die Bürgerrechtlerin Hindou Oumarou Ibrahim aus dem Tschad, die zugleich Koordinatorin der Association des Femmes Peules Autochtones du Tchad (AFPAT) ist.
Die zivilgesellschaftlichen Organisationen hätten keinen Zugang zu Ressourcen, „aber nachhaltige Lösungen für Anpassungsstrategien und für den Zugang zu Energie“, sagte Hindou Oumarou Ibrahim. Die Gemeinden bräuchten den Zugang zu Energie, die auch solargestützt erzeugt werden könne. Deutschland, so die Vertreterin aus dem Tschad, verfüge über die entsprechenden Technologien. Die Zusammenarbeit finde aber mit der Regierung statt, „nicht mit den Gemeinden vor Ort“, kritisierte sie. Das führe dazu, dass das Geld in Autos für die Regierung angelegt werde oder bestenfalls für Energieprojekte in großen Städten. „Den ländlichen Gemeinschaften kommt es aber nicht zugute“, sagte Hindou Oumarou Ibrahim.
Die Klimakreise sei nicht von Ländern wie ihrem, sondern von Ländern wie Deutschland gemacht worden, sagte die ugandische Klimaaktivistin Hilda Nakabuye. Diese Länder hätten sich auf Kosten der Natur und des menschlichen Lebens entwickelt „und tun dies immer noch“. Noch immer werde auf die Förderung von Öl und Gas gesetzt, sagte Hilda Nakabuye. Das führe „geradewegs ins Chaos“. So plane das Unternehmen Total Energies „in einem der schönsten Naturparks der Welt“ den Bau der East African Crude Oil Pipeline (EACOP), von der mehr als 40 Millionen Menschen ebenso wie die Biodiversität bedroht seien.
Schon mehr als eine Millionen Menschen hätten eine Petition gegen das Projekt unterzeichnet, sagte Nakabuye, die von Schikanen, Einschüchterungen und Verhaftungen gegenüber Klimaaktivisten und Menschenrechtsverteidigern sprach. Es gebe Lösungen, um die Energiekrise wie auch die Klimakrise in den Griff zu bekommen. „Wir haben genügend Sonne“, so die Klima-Aktivistin aus Uganda. Benötigt würden gerechte und nachhaltige Energiesysteme, die die Umwelt nicht beschädigen. Daher müssten die Investitionen in erneuerbare Energieprojekte erhöht werden. Unternehmen, die fossile Brennstoffe herstellen, müssten bestraft werden, forderte sie. Diese Unternehmen müssten die Mittel für die Klimafinanzierung bereitstellen, indem sie Fonds für Verluste und Schäden auflegen.
Aus Sicht von Hilda Nakabuye ist der Kampf für Klimagerechtigkeit untrennbar mit der Gleichstellung der Geschlechter verbunden. Entscheidungsprozesse, in die Frauen einbezogen sind, seien nachhaltiger und besser als andere.
Die verlässlichsten Partner für europäische Investoren in den Erneuerbare Energien-Sektor seien Frauenorganisationen, befand auch Hindou Oumarou Ibrahim aus dem Tschad. Männer würden nicht die richtigen politischen Entscheidungen treffen. „Wenn Sie Investitionen in Frauen tätigen, erhalten Sie gezielte Ergebnisse für die Gemeinschaft“, sagte sie.
Es sei davon auszugehen, so sagte Niels Annen (SPD), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, dass auch im Jahr 2030 noch mehr als 600 Millionen Menschen keinen Zugang zu sauberer, nachhaltiger und verlässlicher Energieversorgung haben werden. Die meisten davon lebten in Subsahara-Afrika. „Während also weiterhin Zugang zu Energie geschaffen werden muss, müssen wir gleichzeitig die Energiesysteme grundlegend umbauen“, sagte er. Das gelte nicht nur in Afrika „sondern auch bei uns“. Dafür, so Annen weiter, brauche es Investitionen. Neben Mitteln der deutschen Entwicklungshilfe brauche es die „Mobilisierung von privatem Kapital“. Dafür wiederum werde in den Partnerländern ein verlässlicher regulatorische Rahmen benötigt. Gleichzeitig brauche es Instrumente zur Risikominderung und Risikoteilung.
Klimaschutz und Energie/Ausschuss
Berlin: (hib/MIS) Am Mittwoch hat sich der Ausschuss für Klimaschutz und Energie mit einem Bericht des Ministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz zu den Kosten des Klimawandels in Deutschland befasst. Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), Prognos und die Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung (GWS) untersuchen systematisch und umfassend die volkswirtschaftlichen Folgekosten sowie immaterielle Schäden klimawandelbedingter Extremwetterereignisse. In ihrem Projektbericht heißt es: Wenn im Zuge des Klimawandels Hitzewellen, Dürren oder Extremniederschläge häufiger und intensiver auftreten, könne dies verschiedene Schäden verursachen: vom weggeschwemmten Haus an der Ahr über ausgefallene Halbleiterlieferungen bis hin zu Todesfällen durch Hitze. Auch Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen und Ökosysteme müssten einbezogen werden, wenn die Gesamtschäden des Klimawandels betrachtet werden. Aber auch graduelle Veränderungen durch den Klimawandel wie der Anstieg des Meeresspiegels und Temperaturverschiebungen wirkten sich aus – etwa auf Küsten, auf Ökosysteme oder auf die Verbreitung von Krankheitserregern.
Die vorliegende Studie habe sich auf die Schäden von klimawandelbedingten Extremwetterereignissen konzentriert. Schäden durch klimatische Veränderungen seien nicht immer monetär zu bewerten, es gebe auch große immaterielle Schäden. Beeinträchtigungen von Gesundheit, Lebensqualität und Zufriedenheit zählten dazu. Auch Schäden an der natürlichen Umwelt, wie Biodiversitätsverluste, Veränderungen des Stadt- und Landschaftsbilds und damit verbundene Einbußen an Erholungsnutzen. Die volkswirtschaftlichen Schäden des Klimawandels gingen zudem weit über die direkten Schäden hinaus. Komme es etwa zu Lieferverzögerungen durch überschwemmte Infrastrukturen oder zu Arbeitsproduktivitätseinbußen durch Hitzebelastungen, schlage dies indirekt auch als Klimaschaden zu Buche.
Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die zu erwartenden jährlichen Folgekosten für den Zeitraum von 2022 bis 2050 im Zeitverlauf immer stärker ansteigen und sich am Ende auf 280 bis 900 Milliarden Euro summieren würden. Zum Vergleich: Die Flutschäden des Jahres 2021 würden auf mindestens rund 40 Milliarden Euro geschätzt. Ein solches Schadensausmaß könnte also immer häufiger und bis zur Mitte des Jahrhunderts rein rechnerisch fast jedes Jahr eintreten, heißt es in dem Bericht. Dabei handle es sich bei den ermittelten Kosten jeweils um eine Untergrenze, da nur solche Klimawirkungen betrachtet worden seien, die monetär zu erfassen sind und in ökonomischen Modellen abgebildet werden können.
Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz/Antrag
Berlin: (hib/NKI) Die Gruppe Die Linke will verstreckte Preiserhöhungen bei Lebensmitteln erkennbarer machen. In den vergangenen vier Jahren seien die Preise für Nahrungsmittel um 32 Prozent gestiegen. Viele Preiserhöhungen seien nicht erkennbar, da die Lebensmittelgeschäfte verschiedene Methoden nutzten, um Preissprünge zu verstecken. Besonders beliebt sei weniger Inhalt bei gleicher Verpackung und gleichem Preis, aber auch Sammelpackunge, zudem seien „ständig wechselnde Füllmengen“ zu beobachten, heißt es in einem Antrag (20/11631).
Von der Bundesregierung verlangt die Gruppe Die Linke, bis „spätestens September 2024“ einen Gesetzentwurf vorzulegen, der regelt, dass Produktpackungen für Lebensmittel wie bei Mehl und Zucker prinzipiell voll befüllt sein müssen und nur in Ausnahmefällen ein technisch notwendiger Luftraum erlaubt sei. Zudem sollen die Produktpackungen bei reduzierten Füllmengen „entsprechend kleiner werden“. Hersteller sollen verpflichtet werden, eine geänderte Rezeptur und den Austausch von werthaltigen zu billigen Inhaltsstoffen auf der Vorderseite der Verpackung kenntlich zu machen. Außerdem soll Werbung mit „25 Prozent mehr Inhalt“ verboten werden, wenn der Inhalt zuvor reduziert wurde.
Menschenrechte/Anhörung
Berlin: (hib/SAS) Wie steht es um den internationalen Menschenrechtsschutz? Mit dieser Frage hat sich der Menschenrechtsausschuss am Mittwoch anlässlich des 70. Jahrestags der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vor über 75 Jahren im Rahmen einer öffentlichen Anhörung von Sachverständigen beschäftigt.
Dabei würdigten alle Experten grundsätzlich die Geschichte der Menschenrechte seit 1948 als Erfolg, lenkten aber gleichzeitig den Blick auch auf Probleme des internationalen und europäischen Menschenrechtssystems.
So verwies zunächst Rechtsanwalt Hartmut Emanuel Kayser auf die Anzahl der Konventionen zum Schutz der Menschenrechte: Beim Generalsekretariat der Vereinten Nationen (VN) seien bis heute 27 Übereinkommen und Protokolle registriert, die „menschenrechtliche Inhalte“ hätten und von sehr vielen Staaten ratifiziert worden seien. Allerdings sah Kayser auch Schwächen insbesondere bei Durchsetzung der Menschenrechte: Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) seien „mit Problemen behaftet“, so der Rechtsanwalt. Beschwerden im Staatenbeschwerdeverfahren würden beispielsweise oftmals zu spät eingereicht, weil Staaten eine „Retourkutsche“ befürchteten.
Gerald Knaus, Vorsitzender der Denkfabrik Europäische Stabilitätsinitiative, machte für die mangelnde Durchsetzung der Europäischen Menschenrechtskonvention die Schwächung des Europarats verantwortlich. Sein in der Vergangenheit zu inkonsequenter Umgang mit Staaten wie Aserbaidschan und Russland, die sich durch Korruption und systematische Nichtachtung der Urteile des EGMR hervorgetan hätten, habe großen Schaden angerichtet. Auch Deutschland habe sich lange dafür eingesetzt, Russland trotz alledem im Europarat zu halten. So ein Fehler dürfe nicht wieder passieren, mahnte Knaus mit Blick auf Aserbaidschan. Das Land, dessen Mitgliedschaft derzeit suspendiert ist, liege bei der Umsetzung der EGMR-Standards an letzter Stelle und dürfe keinesfalls wieder in den Europarat zurückkehren. Die „Krise der Glaubwürdigkeit“ sei nur zu lösen, wenn sich die Mitglieder an den Ursprung des Europarats als „Club der Demokratien“ erinnere. Staaten, die sich nicht an Standards hielten, müssten ausgeschlossen werden, forderte Knaus.
Ähnlich äußerte sich auch Günter Schirmer vom Ausschuss für Recht und Menschenrechte der Parlamentarischen Versammlung des Europarats: Er unterstrich in seiner Stellungnahme, dass die Mitgliedschaft im Europarat die Erfüllung „gewisser Mindeststandards“ wie Rechtsstaatlichkeit und Informationsfreiheit voraussetze. Funktion des Europarats sei es, auf der Grundlage gegenseitiger Kontrolle unter gleichgesinnten Staaten die bestmögliche Umsetzung der in der EMRK definierten Menschenrechte aller Bewohner der Mitgliedsstaaten zu fördern. Wenn der eine oder andere Staat sich hier nicht mehr gleichgesinnt erweise, und es ihm mehr darum gehe, „aus Prestigegründen oder als Standortfaktor das Gütesiegel der Mitgliedschaft zu besitzen“, dann dürfe er nicht mehr dazugehören, verlangte Schirmer. „Wir dürfen unser Gütesiegel nicht verramschen und die Einhaltung der Mindeststandards strikt einfordern.“ Gleichzeitig müsse es „rote Linie“ geben, ohne deren Beachtung niemand Mitglied werden oder bleiben könne. Als „rote Linien“ solle neben einem Angriffskrieg auch die Verweigerung der Umsetzung von EGMR-Urteilen angesehen werden.
Der stellvertretende Generalsekretär von Amnesty International (AI) Deutschland, Christian Mihr, bemängelte, dass trotz einer starken institutionellen Verankerung der Menschenrechte in Europa das Justizsystem faktisch nicht allen Menschen gleichermaßen offenstehe. Der Rechtsweg sei oft sehr mühsam, so Mihr, es bedürfe daher mehr politischen Willens der europäischen Staaten, die Entscheidungen des EGMR umzusetzen und die Menschenrechte zur Geltung zu bringen. AI empfehle, dass sich der Europarat weniger auf die Schaffung von neuen Institutionen und mehr auf die Verbesserung der Effizienz und der Dynamik des bestehenden Systems konzentriere. Zur Stärkung der Rolle des EGMR und des europäischen Menschenrechtssystems gehöre auch, im eigenen Land allen Menschen konsequent ihre Rechte zu gewährleisten, mahnte Mihr. Auch in Deutschland gebe es Handlungsbedarf, wie zuletzt etwa die Prüfung Deutschlands im vierten Zyklus der Allgemeinen Regelmäßigen Überprüfung vor dem UN-Menschenrechtsrat im November 2023 gezeigt habe.
Auch Wolfgang Kaleck, Generalsekretär des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), machte deutlich, dass die Geschichte der Menschenrechte seit 1948 keine „ungebrochene Erfolgsgeschichte“ sei. Die Staaten, die die politische und wirtschaftliche Macht hätten, hielten sich oft nur dann an das Völkerrecht, wenn es ihren eigenen Interessen diene, und Menschenrechtsverletzungen würden nur dann angeprangert, wenn sie im Lager des politischen Gegners stattfänden. Ein Beleg dafür, dass Institutionen aber auch in Krisen funktionieren könnten, sei die Entscheidung des Chefanklägers des Internationalen Strafgerichtshofs in Sachen Gaza, sagte Kaleck. Als positives Beispiel zur Umsetzung von Menschenrechten nannte er zudem das Lieferkettensorgfaltsgesetz. Es werde weltweit als Modell angesehen. Es sei daher schade, dass einige Parteien und „neuerdings auch der Wirtschaftsminister“ dieses wieder infrage stellten.
„Licht und Schatten“ – wenn auch mehr Schatten als Licht, auf diese kurze Formel spitzte die Professorin Angelika Nußberger, Direktorin der Akademie für europäischen Menschenrechtsschutz an der Universität Köln, ihre Bewertung des europäischen Menschenrechtsschutzsystems zu. Angesichts des Ausgangs der Europawahl sprach Nussberger auch von einer „Erfolgsgeschichte mit ungewissem Ausgang“. Die Europa-Skepsis, die auf dem Vormarsch sei, betreffe nicht nur die EU, sondern den Europarat mit seinem Menschenrechtsschutzsystem. Als ein großes Problem bezeichnete Nußberger neben der mangelnden Umsetzung seiner Urteile insbesondere die Dauer der Verfahren vor dem EGMR, die Menschen davon abbrächten, sich an den Gerichtshof zu wenden. Die Empfehlung der Rechtswissenschaftlerin an die Politik lautete, das Gericht nicht zu überfrachten. Wolle man den Anspruch auf individuellen Rechtsschutz aufrechterhalten, müsse man grundsätzlich überlegen, ob man ihn auch mit Entscheidungen in zwischenstaatlichen Verfahren oder auch zu Umwelt- und Klimafragen betraue. Diesen könne er nur gerecht werden, wenn er die Befassung mit den „kleinen“ Individualbeschwerden zurückstelle.
Stefan von Raumer, Vizepräsident des Deutschen Anwaltsvereins, bezeichnete es als „enttäuschend“, dass ein so hoher Anteil von Fällen, über die der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zu entscheiden habe, Fragen betreffe, zu denen es eine längst etablierte Rechtsprechung des Gerichtshofs gebe, die aber von den innerstaatlichen Gerichten nicht berücksichtigt würde. In dieser unzureichenden innerstaatlichen Umsetzung der Konvention durch die nationalen Gerichte auch in Fällen geklärter Rechtsprechungsvorgaben des Gerichtshofs sah er den „maßgeblichen Grund“ für die Überlastung des Gerichtshofs. Ein Problem, das sich auch durch weitere Reformen und Effizienzsteigerungen des Gerichtshofes nicht werde beheben lassen, vermutete von Raumer.
Auf die Bedeutung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte und die zu ihrer Überprüfung geschaffenen Gremien, hob Michael Windfuhr, stellvertretender Direktor des Deutschen Instituts für Menschenrechte, in seiner Stellungnahme ab: „WSK-Menschenrechte“ seien keinesfalls nachrangig, denn Menschenrechte seien unteilbar, so der Politikwissenschaftler: Über das Recht auf Meinungsfreiheit könne nicht nachdenken, wer kein Recht auf Bildung gehabt habe. Die Wahrnehmung der Rechte in den verschiedenen Institutionen auf europäischer Ebene, dem Ausschuss für soziale Rechte und den Gremien, die der Europarat geschaffen habe, wachse. Die internationale Wirkung dürfe nicht unterschätzt werden. Umso wichtiger sei, diese auch finanziell entsprechend auszustatten.
Haushalt/Unterrichtung
Berlin: (hib/SCR) Das Bundesministerium für Finanzen hat im vierten Quartal 2023 über- und außerplanmäßige Ausgaben in Höhe von rund 4,1 Milliarden Euro genehmigt. Im selben Zentrum genehmigte das Ministerium über- und außerplanmäßige Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von 4,3 Milliarden Euro. Das geht aus einer Unterrichtung zur Haushaltsführung (20/11635) hervor.
Hrsg.: Deutscher Bundestag,
Quelle: https://www.bundestag.de/hib
Die G20-Leaders‘-Erklärung 2024 von Rio de Janeiro thematisiert Herausforderungen der globalen Wirtschaft, sozialer Ungleichheit und der Klimakrise. Mit Bezug auf Finanzpolitik und globale Finanzarchitektur kritisiert die Erklärung die bisherige Umsetzung ambitionierter Reformen und verweist auf bestehende Defizite.
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