Rede von Reem Alabali Radovan zur der Haushaltsdebatte 2025
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Eine Zusammenstellung von Nachrichten aus den Bereichen (internationaler) Wirtschafts-, Finanz,- Umwelt- und Entwicklungspolitik „hib – heute im bundestag“ mit Neuigkeiten aus Ausschüssen und aktuellen parlamentarischen Initiativen. Diese sind können beim Bundestag per E-Mail-Newsletter hier bestellt werden: https://www.bundestag.de/newsletter.
Gutachten zur Preisbildung für innovative Arzneimittel
48 Milliarden Euro bilaterale Unterstützung für die Ukraine
Beitragszahlungen an internationale Organisationen
Externe Mitarbeiter im Entwicklungsministerium
Aktivitäten des Entwicklungsministeriums in 20. Wahlperiode
Bundesanleihen werden vor allem im Euroraum gehalten
WFP und Unicef warnen vor Folgen von Budgetkürzungen
Lieferung von Rüstungsgütern an Israel
Wolfgang Stefinger leitet Entwicklungsausschuss
Regierung legt Jahresabrüstungsbericht 2024 vor
Rechnungshof fordert „Stärkung der Einnahmebasis“
Entwicklungsprojekte mit Inklusionsbezug
Haushaltsausschuss beschließt Änderungen des Grundgesetzes
Grundgesetzänderung zu Schulden entzweit Experten
44 Milliarden Euro für die Unterstützung der Ukraine
Umsetzung des europäischen Lieferkettengesetzes
SPD und Union wollen Grundgesetz ändern
Gesundheit/Unterrichtung
Berlin: (hib/SCR) Das Gutachten 2025 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen und in der Pflege liegt nun als Unterrichtung durch die Bundesregierung (21/460) vor. Das Gremium hatte das Gutachten unter dem Titel „Preise innovativer Arzneimittel in einem lernenden Gesundheitssystem“ am 22. Mai der Öffentlichkeit vorgestellt.
In dem Gutachten widmet sich der Sachverständigenrat „der Bepreisung innovativer verschreibungspflichtiger Arzneimittel“. Das deutsche Gesundheitssystem biete „im internationalen Vergleich eine hohe und schnelle Verfügbarkeit neuer Arzneimittel“, heißt es in der Executive Summary des Gutachtens. „Allerdings wird dieser rasche und umfängliche Zugang teuer erkauft: Die Arzneimittelausgaben sind im internationalen Vergleich hoch und in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen“, heißt es weiter. Es sei absehbar, dass „der medizinisch-technische Fortschritt für zunehmend mehr Patient*innen innovative Arzneimittel hervorbringen wird“. Die damit verbundenen größeren Chancen auf Heilung oder auf deutliche Linderung von Krankheiten verschärften jedoch den Zielkonflikt zwischen bedarfsgerechter Versorgung, Innovationsanreizen und nachhaltiger Finanzierbarkeit des Gesundheitssystems. „Es droht eine Überforderung des Systems“, warnt der Sachverständigenrat.
Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Rat beispielsweise eine konsequentere Kopplung der Arzneimittelpreise an deren tatsächlichen Zusatznutzen. Dieser solle „durch regelmäßige Reevaluationen überprüft und ggf. neu bestimmt werden“. Zudem sei es notwendig, „eine spezifische Monitoringstrategie zur systematischen Sichtung von neuer Studienevidenz für ausgewählte Arzneimittel“ zu etablieren, um „dynamische Preisanpassungen“ zu ermöglichen. Auch solle der GKV-Spitzenverband künftig von Preisverhandlungen zurücktreten dürfen, wenn kein wirtschaftliches Angebot vorliege.
Weiter heißt es, dass „erfolgsabhängige Vergütungsmodelle“ bei hochpreisigen Einmaltherapien mit ungewissem Nutzen stärker genutzt werden sollten. Zur Stabilisierung der Ausgaben schlägt der Rat außerdem „die Einführung eines jährlich anzupassenden Arzneimittelbudgets für patentgeschützte, hochpreisige Arzneimittel“ mit automatischen Preisabschlägen bei Überschreitung vor.
Die Förderung des Pharmastandorts dürfe nicht über Arzneimittelpreise erfolgen, betont der Rat. Eine Koppelung von Preisen an Standortentscheidungen, wie sie das Medizinforschungsgesetz vorsehe, lehne man ab. Stattdessen brauche es „steuerfinanzierte Fördermaßnahmen“ sowie eine digitale Forschungsinfrastruktur, „die die Anwendung innovativer Studiendesigns (z. B. registerbasierte Interventionsstudien) und den Zugang zu versorgungsnahen Daten für die Forschung ermöglicht“.
Auswärtiges/Antwort auf Große Anfrage
Berlin: (hib/AHE) Die bilateralen Unterstützungsleistungen der Bundesregierung für die Ukraine und Menschen aus der Ukraine umfassen seit Beginn des russischen Angriffskriegs am 24. Februar 2022 knapp 48 Milliarden Euro (Stand: 31. März 2025). Darin seien auch kriegsbedingte Unterstützungsleistungen für die vom Krieg stark betroffene Republik Moldau enthalten, die ukrainischen Geflüchteten zugunsten gekommen sind, schreibt die Bundesregierung in der Antwort (21/408) auf eine Kleine Anfrage (21/190) der AfD-Fraktion. Der Wert der militärischen Unterstützung für die Ukraine in dem genannten Zeitraum betrage 15,6 Milliarden Euro.
Auswärtiges/Antwort
Berlin: (hib/AHE) Das Auswärtige Amt hat mit dem „portfolio.atlas“ im Oktober 2024 eine Datenbank und eine Anwendung entwickelt, mit der zukünftig auch Beitragszahlungen an internationale Organisationen erfasst werden können. Voraussetzung sei eine regelmäßige und verlässliche Datenlieferung aller Bundesministerien, heißt es in der Antwort (21/382) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (21/181) unter Verweis auf eine frühere Antwort (20/14925). Das Auswärtige Amt habe die Ressorts darauf hingewiesen und mit dem „portfolio.atlas“ die technischen Voraussetzungen geschaffen. Dies entspreche der Zusicherung des Auswärtigen Amts in einer Stellungnahme an den Bundesrechnungshof.
Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Antwort
Berlin: (hib/JOH) Die Bundesregierung macht keine konkreten Angaben zur Anzahl externer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). In ihrer Antwort (21/375) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (21/162) verweist sie auf die bestehende Berichtspflicht im Rahmen des jährlichen „Integritätsberichts der Bundesverwaltung“, der vom Bundesministerium des Innern (BMI) veröffentlicht wird. Danach waren im Jahr 2023 16 externe Personen in der Bundesverwaltung eingesetzt.
In dem Integritätsbericht werden laut Antwort seit dem Jahr 2020 die erfragten Daten veröffentlicht, soweit sie datenschutzrechtlich zulässig seien. Davor seien entsprechende Berichte an den Haushalts- und Innenausschuss des Bundestages gegangen. Auch diese seien vom BMI online veröffentlicht worden. Für die Jahre 2006 und 2007 liegen die entsprechenden Daten laut Antwort nicht vor.
Den Angaben der Bundesregierung zufolge erhalten externe Mitarbeiter regelmäßig begrenzt für die Zeit ihrer Tätigkeit im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung einen Hausausweis.
Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Antwort
Berlin: (hib/JOH) In einer Antwort (21/305) auf eine Kleine Anfrage /21/144) der AfD-Fraktion nimmt die Bundesregierung zu den Aktivitäten des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in der 20. Wahlperiode Stellung. Dabei geht es unter anderem um Gesetzes- und Verordnungsinitiativen, Personalentwicklung, Veranstaltungen, Publikationen sowie externe Beratungsaufträge.
Hinsichtlich der Gesetzes- und Verordnungsinitiativen verweist die Bundesregierung auf den Umstand, dass die erfragten Informationen öffentlich im Dokumentations- und Informationssystem des Bundestages (DIP) beziehungsweise auf der Internetseite des Bundesgesetzblattes aufrufbar sind. Auch die Entwicklung der Anzahl der (Plan-)Stellen im BMZ sowie deren Besetzung könne den Übersichten des Bundeshaushaltsplans des jeweiligen Jahres getrennt nach Besoldungs- bzw. Entgeltgruppen entnommen werden.
Laut Bundesregierung wurden durch das BMZ im besagten Zeitraum rund 206 öffentliche und interne Veranstaltungen – unter anderem Konferenzen, Fachgespräche, Tagungen und Dialogformate organisiert sowie mit ausgerichtet. Die Gesamtausgaben des Ministeriums beziffert sie für 2022 auf rund 13,82 Milliarden Euro, für 2023 auf 12,1 Milliarden Euro und für 2024 auf rund 11,2 Milliarden Euro.
Finanzen/Antwort
Berlin: (hib/BAL) 55 Prozent der Halter von Bundesanleihen stammen aus den Ländern des Euroraums. Diese Angaben macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/372) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (21/169). Allerdings schreibt die Bundesregierung in ihrer Vorbemerkung, dass Bundeswertpapiere ausschließlich Inhaberpapiere sind. Im Gegensatz zu Namenspapieren verfügt der Emittent, also in diesem Fall der Bund, nicht über ein Namensregister der Halter.
Die Angaben in der Antwort seien folglich lediglich „grobe Abschätzungen“, die sich auf Informationen der Bietergruppe Bundesemissionen bezögen. „Alle in den Antworten gelieferten Zahlen basieren auf diesen Meldungen, über deren Vollständigkeit und Exaktheit der Bund, trotz vorgenommener Qualitätskontrolle, keine Einschätzung abgeben kann“, erklärt die Bundesregierung.
Die Daten in der Antwort zeigen einen deutlichen Anstieg des Volumens an deutscher Staatsschuld, das von ausländischen Zentralbanken und Staaten gehalten wird. So betrug die Summe der von entsprechenden Institutionen aus dem Euroraum gehaltenen Bundesanleihen im Jahr 2010 35 Milliarden Euro. Sie ist bis Anfang 2023 auf 587 Milliarden Euro angeschwollen. Mittlerweile ist der Betrag wieder auf 484 Milliarden Euro gesunken.
In anderen Weltregionen werden jeweils deutlich weniger deutsche Anleihen gehalten: Staatliche Akteure aus dem restlichen Europa besitzen demnach Bundeswertpapiere im Wert von 201 Milliarden Euro (zwölf Prozent). Entsprechende Akteure aus Amerika stehen für 19 Milliarden Euro (1,2 Prozent), aus dem arabischen Raum für sieben Milliarden Euro (0,4 Prozent), aus dem restlichen Asien sowie Australien und Ozeanien für 250 Milliarden Euro und dem restlichen Afrika für eine Milliarde Euro.
Menschenrechte und humanitäre Hilfe/Ausschuss
Berlin: (hib/SAS) Vertreter des Welternährungsprogramms (WFP) und des Kinderhilfswerks (Unicef) der Vereinten Nationen (VN) warnen vor den Folgen sinkender öffentlicher Gelder für die humanitäre Hilfe. Aktuell seien rund 343 Millionen Menschen von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen, zwei Millionen darunter akut vom Verhungern bedroht. Das sei die größte Anzahl hungernder Menschen, die es in der Geschichte je gegeben habe, sagte Rania Dagash-Kamara, beigeordnete Exekutivdirektorin beim WFP, am Mittwoch im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. Diese Zahl könne sich erhöhen, wenn nicht neue Gelder bereitgestellt würden. Bereits im März hatte das WFP darauf verwiesen, dass 58 Millionen Menschen lebensrettende Unterstützung verlieren könnten, gelänge es der VN-Organisation nicht, den Wegfall der Gelder auszugleichen.
Als Hauptgrund für die verschärfte Hungersituation führte Dagash-Kamara eine wachsende Zahl von Kriegen und Konflikten weltweit an. Aber auch klimabedingte Katastrophen und wirtschaftliche Instabilität infolge der Corona-Pandemie hätten den Hunger weltweit vergrößert.
Zu den Opfern von Krisen und Konflikten gehörten vor allem auch Kinder, betonte zudem Bertrand Bainvel, Unicef-Repräsentant für die Institutionen der Europäischen Union, der ebenfalls vor dem Ausschuss sprach. Selten zuvor seien Kinder so oft verletzt, getötet, sexueller Gewalt ausgesetzt oder als Kindersoldaten rekrutiert worden wie gegenwärtig, so der Unicef-Vertreter. Die Situation verschlechtere sich permanent. In Gaza seien in den letzten Monaten mehr als 50.000 Kinder verletzt oder getötet worden. Tausende litten unter Unterernährung.
Das WFP hat laut eigenen Angaben 2024 mehr als 120 Millionen Menschen in 80 Ländern mit Nahrung und Hilfsgütern in den am stärksten betroffenen Krisenregionen der Welt versorgt. Exekutivdirektorin Rania Dagash-Kamara verwies neben Gaza vor allem auf die katastrophale Situation in Bürgerkriegsländern wie Sudan und Myanmar, wo es für Helfer aufgrund der Kämpfe sehr schwer sei, die notleidende Bevölkerung zu erreichen. Zudem gerieten die Helfer immer wieder selbst ins Visier, wie die WFP-Vertreterin den Abgeordneten schilderte. Vor wenigen Tagen sei etwa ein gemeinsamer Lebensmitteltransport von WFP und Unicef im Sudan angegriffen worden, alle Helfer seien ums Leben gekommen, die Nahrungsmittel komplett verbrannt. Trotz dieser Gefahren bleibe das WFP im Land, versicherte Dagash-Kamara auf Nachfrage von Abgeordneten. Das WFP könne weiter genügend Helfer rekrutieren.
Angesichts des weltweit steigenden Bedarfs an humanitärer Hilfe träfen die Kürzungen, wie sie neben den USA auch europäische und asiatische Staaten angekündigt haben, die Hilfsorganisationen hart. Das WFP etwa stehe im Vergleich zum Vorjahr vor einem Rückgang der Finanzierung um 40 Prozent, berichtete die beigeordnete Exekutivdirektorin. Beide Organisationen hätten bereits in ihren Zentralen Strukturen effizienter gestaltet und laufende Kosten reduziert. Die Budgetkürzungen hätten dennoch lebensbedrohliche Konsequenzen, so Dagash-Kamara.
Zudem warnte die WFP-Vertreterin vor den globalen Folgen von Hunger: weitere Konflikte, mehr Flucht und Migration. Humanitäre Hilfe sei daher eine Investition in die Stabilität der Welt. Im Gespräch appellierten die Vertreter beider Hilfsorganisationen an die Verantwortung Deutschlands nicht nur als bislang zweitwichtigster Geberstaat für humanitäre Hilfe. Es brauche auch gerade mit Blick auf die Lage in Gaza verstärkt humanitäre Diplomatie, um mehr Zugänge für Hilfslieferungen zu öffnen, drängten Bainvel und Dagash-Kamara. Die Hilfe der Vereinten Nationen stehe bereit, man müsse sie nur zulassen. Fast drei Monate lang hatte Israel Hilfslieferungen komplett blockiert und erst zuletzt wieder die Verteilung über die Gaza Humanitarian Foundation (GHF) zugelassen, um VN-Organisationen wie das WFP zu umgehen. Ein Vorgehen, das beide Vertreter im Ausschuss kritisierten.
Im Gespräch erkundigten sich die Ausschussmitglieder nach der Einschätzung der beiden Experten für humanitäre Hilfe unter anderen zur GHF, zur Ursache der hohen Zahl von unbegleiteten Minderjährigen unter Flüchtlingen und zur sozialen Armut in Deutschland. Mehrere Abgeordnete machten dabei deutlich, sie seien sich auch mit Blick auf die kommenden Haushaltsberatungen der Verantwortung für die humanitäre Hilfe bewusst – den Wegfall von Geldern aus den USA oder anderem Ländern könne Deutschland indes nicht allein kompensieren.
Wirtschaft und Energie/Antwort
Berlin: (hib/NKI) Im Zeitraum vom 7. Oktober 2023 bis zum 13. Mai 2025 sind Einzelausfuhrgenehmigungen für die endgültige Ausfuhr von Rüstungsgütern nach Israel im Gesamtwert von 485.103.796 Euro erteilt worden. Das schreibt die Bundesregierung in einer Antwort (21/284) auf eine Kleine Anfrage (21/141) der Fraktion Die Linke.
Demnach betreffen die in diesem Zeitraum für die endgültige Ausfuhr nach Israel genehmigten Güter die Ausfuhrlistenpositionen A0001, A0002, A0003, A0004, A0005, A0006, A0007, A0008, A0009, A0010, A0011, A0013, A0014, A0015, A0016, A0017, A0018, A0019, A0021 und A0022. Die Lieferungen umfassten unter anderem Feuerwaffen, Munition, Waffenteile, spezielle Ausrüstung für Heer und Marine, elektronische Ausrüstung sowie Spezialpanzer.
Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Ausschuss
Berlin: (hib/JOH) Der CSU-Abgeordnete Wolfgang Stefinger leitet in dieser Wahlperiode den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. In der konstituierenden Sitzung unter Leitung von Bundestagsvizepräsidentin Andrea Lindholz (ebenfalls CSU) wurde Stefinger am Mittwoch in geheimer Wahl zum Vorsitzenden des Gremiums gewählt, das 18 Mitglieder zählt.
Die CDU/CSU-Fraktion stellt darin sechs Parlamentarier, von AfD- und SPD-Fraktion sind jeweils vier Abgeordnete vertreten. Von den Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke gehören dem Ausschuss jeweils zwei Mitglieder an.
CDU/CSU: Diana Herbstreuth, Philip Hoffmann, Thomas Rachel, Wolfgang Stefinger, Johannes Volkmann, Nicolas Zippelius
SPD: Sanae Abdi, Lars Castellucci, Karl Lauterbach, Nina Scheer
AfD: Rocco Kever, Johann Martel, Matthias Rentzsch, Denis Pauli
Bündnis 90/Die Grünen: Schahina Gambir, Claudia Roth
Die Linke: Gökay Akbulut, Charlotte Neuhäuser
Auswärtiges/Unterrichtung
Berlin: (hib/AHE) Die Bundesregierung legt ihren Jahresabrüstungsbericht vor und bewertet darin Russland weiterhin als „größte Bedrohung für Frieden und Sicherheit“ für den europäischen Kontinent. „Russlands anhaltender Angriffskrieg gegen die Ukraine und seine Blockade fast sämtlicher internationaler Abrüstungsbemühungen sowie die zunehmende Verfestigung neuer militärischer Allianzen von Autokraten, insbesondere in Gestalt der neuen strategischen Allianzen zwischen Russland und Nordkorea beziehungsweise Russland und Iran, vertiefen bestehende Gräben und reduzieren die Spielräume für Fortschritt in der Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung“, heißt es in dem in dem als Unterrichtung (21/115) vorliegendem Jahresabrüstungsbericht 2024.
„Solange Russland alles, einschließlich Stabilität und Rüstungskontrolle, seinen Zielsetzungen im völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine unterordnet, sind Fortschritte in der Abrüstung und Rüstungskontrolle trotz all unserer Bemühungen unwahrscheinlich“, schreibt die Bundesregierung. Damit drohe auch der 2026 auslaufende New START-Vertrag, das letzte große Rüstungskontrollabkommen zwischen den USA und Russland, ohne Nachfolge zu bleiben.
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und Russlands Demontage der globalen Rüstungskontrollarchitektur verdeutlichten, dass glaubwürdige Abschreckung und Verteidigung notwendig seien, um Sicherheit in Europa zu gewährleisten. Gleichzeitig seien der Erhalt und die Weiterentwicklung der globalen Rüstungskontrollarchitektur, die Reduzierung von Risiken und die Prävention von Eskalation von hoher Bedeutung für die Bundesregierung, heißt es in dem Bericht.
Als weitere Herausforderungen für die globale Abrüstungs-, Rüstungskontroll- und Nichtverbreitungsarchitektur benennt die Bundesregierung China, das sein Nuklearwaffenarsenal rasant und kontinuierlich ausbaue und dabei keinerlei Bereitschaft zu Transparenz oder vertrauensbildenden Maßnahmen zeige. Die Stabilität des nuklearen Nichtverbreitungsregimes sei zudem durch die Proliferationskrisen Iran und Nordkorea bedroht. Iran habe zwar rhetorisch das Interesse an neuen Nuklearverhandlungen geäußert, bis Ende 2024 hierauf aber keine Taten folgen lassen. Nordkorea habe auch 2024 seine Atom- und Raketenprogramme kontinuierlich ausgebaut und zahlreiche völkerrechtswidrige Raketentests durchgeführt. „All das erhöht den Druck auf den Nuklearen Nichtverbreitungsvertrag (NVV), den Eckpfeiler den Eckpfeiler der internationalen nuklearen Ordnung und der Nichtverbreitung von Nuklearwaffen“, schreibt die Bundesregierung.
Haushalt/Unterrichtung
Berlin: (hib/SCR) Angesichts eines wachsenden „Schuldenbergs“ fordert der Bundesrechnungshof, die „Handlungsspielräume bei den laufenden Einnahmen“ stärker in den Blick zu nehmen. Diese würden bei den Diskussionen über Konsolidierungsmaßnahmen im Haushalt weitgehend außer Acht gelassen, kritisieren die Rechnungsprüfer in einem Bericht mit dem Titel „Defizite und Reformbedarf beim Steueraufkommen identifizieren – Handlungsspielräume nutzen“ (21/32). Darin werden 22 Maßnahmen vorgeschlagen. Laut Berechnungen könnten Bund und Länder allein durch den Abbau von Steuervergünstigungen Mehreinnahmen von 30 Milliarden Euro pro Jahr erzielen (Bund: 23 Milliarden Euro).
Aus Sicht des Bundesrechnungshofes sind die „Stellschrauben“, um die Einnahmebasis des Staates zu stärken, seit Langem bekannt, doch die Bundesregierung habe diese bislang kaum genutzt. „Strukturelle Defizite und Vollzugsmängel bestehen fort, notwendige Reformen stehen aus“, moniert der Bundesrechnungshof.
Zu den vorgeschlagenen Maßnahmen gehört unter anderem der Abbau von Steuervergünstigungen, etwa für Dieselkraftstoff oder für Handwerkerleistungen. Weitere Vorschläge beziehen sich auf die IT und Digitalisierung der Steuerbehörden, die Stärkung der Steuerfahndung und der Geldwäschebekämpfung. Zudem schlagen die Rechnungsprüfer vor, Vollzugsdefizite, etwa bei der Steuererhebung bei beschränkt Steuerpflichtigen, abzustellen und Besteuerungslücken im Bereich der Plattformökonomie und des Handels mit Kryptowerten zu schließen.
Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Antwort
Berlin: (hib/SAS) Die Bundesregierung kann keine genauen Angaben dazu machen, bei wie vielen vom Bund geförderten Projekten der Entwicklungszusammenarbeit in den vergangenen drei Jahren Menschen mit Behinderungen „ausschließliche oder vorrangige Zielgruppe“ waren oder einen Inklusionsbezug hatten. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung (20/15108) auf eine Kleine Anfrage der Gruppe Die Linke (20/14943) hervor.
Entsprechende Daten würden erst ab dem 1. Januar 2024 systematisch erfasst. Zu diesem Zeitpunkt habe das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) die übersektorale Kennung „Inklusion und Empowerment von Menschen mit Behinderungen“ für BMZ-geförderte Maßnahmen eingeführt, schreibt die Bundesregierung.
Ein Monitoring im Jahr 2022, das „im Wesentlichen auf manuellen Auswertungen“ beruhe, habe jedoch ergeben, dass etwa sieben bis acht Prozent der von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (GIZ) durchgeführten Vorhaben einen Inklusionsbezug aufwiesen, heißt es in der Antwort weiter. Ab 2024 tragen neun Prozent der GIZ-Vorhaben die Kennzeichnung „Inklusion und Empowerment von Menschen mit Behinderungen“.
Haushalt/Ausschuss
Berlin: (hib/SCR) Ausgaben für Verteidigung und bestimmte sicherheitspolitische Ausgaben ab einer bestimmten Höhe sollen künftig nicht mehr auf die Schuldenregel des Grundgesetzes angerechnet werden. Darüber hinaus soll im Grundgesetz die Einrichtung eines Sondervermögens in Höhe von 500 Milliarden Euro „für zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur und für zusätzliche Investitionen zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2045“ ermöglicht werden. Die in diesem Rahmen aufgenommenen Kredite sollen ebenfalls von der Schuldenregel ausgenommen werden. Zudem soll den Ländern ein Verschuldungsspielraum bei der Aufstellung ihrer Haushalte eingeräumt werden.
Der entsprechende Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD und CDU/CSU „zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 109, 115, 143h)“ (20/15096) passierte am Sonntagnachmittag nach rund viereinhalbstündiger Sitzung den Haushaltsausschuss mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grünen. Die drei Fraktionen hatten zuvor einen gemeinsamen Änderungsantrag vorgelegt. AfD, FDP, Die Linke und BSW stimmten dagegen.
Die zweite und dritte Lesung ist für Dienstag, den 18. März 2025 vorgesehen. Für eine Grundgesetzänderung ist im Bundestag eine Zweidrittelmehrheit der Abgeordneten erforderlich. Der Bundesrat muss ebenfalls mit Zweidrittelmehrheit zustimmen.
Zu Beginn der Sitzung hatten die Fraktionen der AfD und der FDP sowie die Gruppe BSW erfolglos die Unterbrechung beziehungsweise. Vertagung der Sitzung beantragt. Auch die Anträge von AfD, FDP und BSW, eine Ausschussanhörung zu dem Änderungsantrag durchzuführen, fanden keine Mehrheit.
Verteidigungsausgaben
Nach dem geänderten Entwurf soll künftig in den Artikeln 109 und 115 GG geregelt werden, dass die Ausgaben für Verteidigung und bestimmte sicherheitspolitische Ausgaben ab einer Höhe von einem Prozent des nominalen Bruttoinlandsprodukts von der Schuldenregel ausgenommen sind. Konkret soll der Satz in Artikel 109 lauten: „Von den zu berücksichtigenden Einnahmen aus Krediten ist der Betrag abzuziehen, um den die Verteidigungsausgaben, die Ausgaben des Bundes für den Zivil- und Bevölkerungsschutz sowie für die Nachrichtendienste, für den Schutz der informationstechnischen Systeme und für die Hilfe für völkerrechtswidrig angegriffene Staaten 1 vom Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt übersteigen.“ Im ursprünglichen Entwurf hatten SPD und Union die Ausnahme nur für Verteidigungsausgaben vorgesehen.
Sondervermögen
Geändert wurde auch der Passus zum Sondervermögen, das in Artikel 143h verankert werden soll. Nach dem geänderten Entwurf lautet die Zweckbestimmung nun „für zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur und für zusätzliche Investitionen zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2045“. Ursprünglich lautete die Zweckbestimmung „für Investitionen in die Infrastruktur“.
Das Volumen soll wie im ursprünglichen Entwurf 500 Milliarden Euro betragen. Die Kreditaufnahme soll nicht der Schuldenregel des Grundgesetzes unterliegen. 100 Milliarden Euro davon sollen den Ländern für Investitionen zur Verfügung gestellt werden. Weitere 100 Milliarden Euro sollen in den Klima- und Transformationsfonds fließen. Investitionen sollen laut Entwurf über einen Zeitraum von zwölf Jahren bewilligt werden können. Der ursprüngliche Entwurf sah eine Laufzeit von zehn Jahren vor.
Neu im geänderten Entwurf ist das Kriterium der Zusätzlichkeit für die Investitionen. „Zusätzlichkeit liegt vor, wenn im jeweiligen Haushaltsjahr eine angemessene Investitionsquote im Bundeshaushalt erreicht wird“, soll es dazu im Grundgesetz heißen. In der Begründung des Änderungsantrags heißt es, dies sei „dann der Fall, wenn der im jeweiligen Haushaltsjahr insgesamt veranschlagte Anteil an Investitionen 10 vom Hundert der Ausgaben im Bundeshaushalt ohne Sondervermögen und finanzielle Transaktionen übersteigt“. Das Kriterium bezieht sich nicht auf die Mittel, die den Ländern für Investitionen zur Verfügung gestellt werden sollen.
Einzelheiten zu dem Sondervermögen sollen einfachgesetzlich geregelt werden. Das gilt auch für den Umgang mit den Investitionsmitteln für die Länder.
Verschuldungsspielraum für die Länder
Wie im ursprünglichen Entwurf von SPD und CDU/CSU vorgesehen, soll auch den Ländern künftig ein Verschuldungsspielraum bei der Haushaltsaufstellung eingeräumt werden. Danach soll die Kreditaufnahme für die Ländergesamtheit 0,35 Prozent des nominalen BIP betragen dürfen. Die Aufteilung der für die Ländergesamtheit zulässigen Kreditaufnahme auf die einzelnen Länder soll einfachgesetzlich geregelt werden. Bestehende landesrechtliche Regelungen, etwa in den Landesverfassungen oder Haushaltsordnungen, die hinter dieser Kreditobergrenze zurückbleiben, sollen nach dem Entwurf außer Kraft treten.
Die hib-Meldung zur Anhörung zu dem Gesetzentwurf von SPD und Union: https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-1057246
Die hib-Meldung zum Entwurf von SPD und Union: https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-1056718
Haushalt/Anhörung
Berlin: (hib/PST) Wie zuvor im Plenum gingen auch in einer Öffentlichen Anhörung des Haushaltsausschusses am Donnerstag, 13. März 2025, die Ansichten über die geplante Lockerung von Schuldenregeln weit auseinander. Dabei befassten sich die Experten mit dem Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD und CDU/CSU (20/15096) zur Änderung des Grundgesetzes sowie einem Änderungsantrag dazu, mit dem diese den Grünen bei der Finanzierung des Klimaschutzes entgegenkommen wollen. Die Gesetzentwürfe von Bündnis 90/Die Grünen (20/15098) sowie FDP (20/15099) zur Rüstungsfinanzierung spielten in dieser Sitzung keine Rolle.
Vorgehen verfassungsrechtlich umstritten
Vielleicht legal, aber nicht legitim nannte der Berliner Rechtsanwalt Ulrich Vosgerau die angestrebte Beschlussfassung durch den alten Bundestag. Man müsse die Vorschriften des Grundgesetzes nach ihrem Sinn sehen, nicht nur nach ihren Buchstaben. Die 30-Tage-Frist von der Bundestagswahl bis zum Zusammentritt des neuen Bundestags sei zudem „eine Höchstfrist, keine Karenzzeit“. Der neue Bundestag könne einberufen werden, sobald das Wahlergebnis endgültig festgestellt sei, und sofort seine Beratungen aufnehmen.
Dagegen hält der Heidelberger Rechtswissenschaftler Hanno Kube das Vorgehen von SPD und Union für verfassungsrechtlich unproblematisch. Der alte Bundestag sei uneingeschränkt handlungsfähig, bis der neugewählte zusammengetreten sei. Das gelte auch für die vorgesehene Abstimmung über die Grundgesetzänderung nach der Feststellung des Endergebnisses der Bundestagswahl, denn der Bundestag dürfe ein laufendes Gesetzgebungsverfahren noch zu Ende bringen.
Dem Einwand, die Beratungszeit reiche nicht aus, trat die Augsburger Rechtswissenschaftlerin Sina Fontana entgegen. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit dem sogenannten Heizungsgesetz ausreichend Zeit für die parlamentarische Beratung gefordert, im Gegensatz zum damaligen Gesetzentwurf sei der Beratungsgegenstand jetzt aber „übersichtlich“.
Dem widersprach allerdings Ulrich Vosgerau. Angesichts der Tragweite handele es sich um eine Gewissensentscheidung der Abgeordneten, und sie bräuchten ausreichend Zeit, sich über die möglichen Konsequenzen zu informieren.
Wirtschaftliche Folgen der Verschuldung
Strittig waren auch die Folgen der geplanten Kreditaufnahme. Die Ökonomin Philippa Sigl-Glöckner von der Denkfabrik Dezernat Zukunft erwartet von den vorgesehenen Maßnahmen ein zusätzliches Wirtschaftswachstum von 0,7 Prozent. Dieser Effekt hänge aber davon ab, was von den möglichen Mitteln tatsächlich ausgegeben wird. Sie bezog sich damit darauf, dass erst der nächste Bundestag und die nächste Bundesregierung über die Ausnutzung des zusätzlichen Ausgabenspielraums entscheiden würden.
Vor langfristigen Belastungen infolge der jetzt geplanten Verschuldungsmöglichkeiten warnte der Wirtschaftswissenschaftler Lars Feld vom Freiburger Walter Eucken Institut. Es sei ein Anstieg der Staatsverschuldung auf 90 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung in zehn Jahren zu erwarten. Dies aber hätte zusätzliche Zinsausgaben zwischen 250 und 400 Milliarden Euro zu Folge, je nach der Entwicklung des Zinssatzes für Staatsanleihen. Die internationalen Anleihenmärkte seien schon nervös geworden.
Solchen Sorgen vor einer ausufernden Staatsverschuldung trat der Wirtschaftswissenschaftler Thiess Büttner von der Universität Erlangen-Nürnberg mit dem Hinweis entgegen, dass sich Deutschland ohnehin nur im Rahmen der EU-Vorgaben bewegen könne.
Dagegen warnte die Wirtschaftswissenschaftlerin Veronika Grimm von der Technischen Universität Nürnberg vor einer „Herausforderung für die Stabilität in Europa“. Wenn infolge der deutschen Kreditaufnahme die Zinsen für Staatsanleihen stiegen, werde es für bereits hochverschuldete Länder wie Italien und Spanien noch teurer, ihrerseits aufzurüsten, und die „Vulnerabilität in der Eurozone“ steige.
Mehr Geld für Klimaschutz gefordert
Die von SPD und Union in einem Änderungsantrag eingefügten zusätzlichen 50 Milliarden Euro für den Klima- und Transformationsfonds hält die Rechtsanwältin und Richterin am Hamburger Verfassungsgericht Roda Verheyen für unzureichend, um die Klimaziele wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert umzusetzen. Sie schlug stattdessen eine Ausnahme von der Schuldenbremse, wie sie für die Verteidigung vorgesehen sei, auch für Investitionen in den Klimaschutz vor.
Eine „Unwucht“ stellte der Mannheimer Wirtschaftswissenschaftler Tom Krebs fest. Mehr Investitionen seien gleichermaßen in Verteidigung, Infrastruktur und Klimaschutz nötig, er sehe aber viel Militär und wenig Klimaschutz. Sein Gegenvorschlag zur vorgesehenen Grundgesetzänderung lautete, alle Investitionsausgaben von der Berechnung der Schuldenbremse auszunehmen.
Bedrohungslage unterschiedlich gesehen
Grundsätzliche Kritik an der Herangehensweise von Union und SPD übte Reiner Braun vom Internationalen Friedensbüro. Einst habe die Große Koalition unter Kurt Georg Kiesinger und Willy Brandt dem Harmel-Bericht der Nato mit den zwei Schultern Rüstung und Dialog zugestimmt. Heute dagegen werde „die zweite Schulter überhaupt nicht mehr in Betracht gezogen“. Braun bestritt zudem eine Bedrohung durch Russland. Europa sei Russland auch ohne die USA militärisch deutlich überlegen.
Dagegen warnte Moritz Schularick vom Kiel Institut für Weltwirtschaft, Russland rüste derzeit sehr schnell auf. In Deutschland hingegen hätten die gegenwärtigen Verteidigungsausgaben von rund zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts „nicht zu einem nennenswerten Ausbau von Fähigkeiten geführt“. Eine Steigerung auf drei bis dreieinhalb Prozent sei daher sinnvoll.
Auch der Frankfurter Politikwissenschaftler Christopher Daase nannte den Gesetzentwurf „gerechtfertigt“ angesichts der Bedrohungslage durch den Krieg Russlands und die Politik der USA. Auch die Eile sei „vertretbar“. Allerdings kritisierte Daase einen zu engen Sicherheitsbegriff. Die Ausnahme von der Schuldenbremse solle sich nicht nur auf den Haushalt der Bundeswehr beziehen, sondern auf die Resilienz der gesamten Gesellschaft. So schlug er einen zusätzlichen Betrag für die Länder über die geplanten hundert Milliarden hinaus für Investitionen in den Bevölkerungsschutz vor.
Die Anhörung im Video, die Stellungnahmen der Sachverständigen und die Liste der Sachverständigen auf bundestag.de: https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2025/kw11-pa-haushaltsausschuss-1056668
Auswärtiges/Antwort
Berlin: (hib/AHE) Die Bundesregierung hat die Ukraine im Abwehrkampf gegen den russischen Angriffskrieg bisher mit 44 Milliarden Euro unterstützt. Wie sie in der Antwort (20/15088) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (20/14945) schreibt, habe Deutschland darüber hinaus mehr als einer Million Geflüchteten aus der Ukraine eine vorübergehende Heimat gegeben und die internationale Ächtung und Sanktionierung Russlands maßgeblich vorangetrieben.
„Als zweitgrößter Unterstützer der Ukraine beweist Deutschland, dass es bereit ist, substanziell in die Sicherheit des europäischen Kontinents und in die Verteidigung der regelbasierten Ordnung zu investieren – im engen Schulterschluss mit seinen Partnern in EU, Nato, OSZE, G7 und G20“, schreibt die Bundesregierung.
Arbeit und Soziales/Antwort
Berlin: (hib/CHE) Die Bundesregierung verteidigt in einer Antwort (20/15084) auf eine Kleine Anfrage (20/14974) der AfD-Fraktion ihr Vorgehen in Bezug auf das deutsche und das europäische Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Sie betont unter anderem: „Die Richtlinie der Europäischen Union (EU) über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit (Corporate Sustainability Due Diligence Directive – CSDDD) ist von den EU-Mitgliedsstaaten bis zum 26. Juli 2026 in nationales Recht zu überführen. Aufgrund der vorgezogenen Bundestagswahl konnte ein Gesetzgebungsverfahren für eine vorfristige Umsetzung der CSDDD nicht mehr in der 20. Legislaturperiode durchgeführt werden. Über die Priorisierung der Änderungen des Gesetzes über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten wird von der kommenden Bundesregierung im Lichte der weiteren Entwicklung auf EU-Ebene zu entscheiden sein.“
Haushalt/Gesetzentwurf
Berlin: (hib/SCR) Die Fraktionen von SPD und CDU/CSU haben den „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 109, 115 und 143h)“ (20/15096) eingebracht. Ziel des Entwurfs ist es, höhere Verteidigungsausgaben, ein Sondervermögen Infrastruktur in Höhe von 500 Milliarden Euro und einen Verschuldungsspielraum für die Haushalte der Länder zu ermöglichen.
Der Entwurf basiert auf den Ergebnissen der Sondierungsgespräche zwischen CDU, CSU und SPD in der vergangenen Woche. Die erste Lesung des Entwurfs ist für Donnerstag, 13. März 2025, vorgesehen. Für die Grundgesetzänderung ist eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat erforderlich.
Die Erhöhung der Verteidigungsausgaben soll durch Änderungen der Artikel 109 und 115 erreicht werden. Dort soll laut Entwurf festgeschrieben werden, dass der Betrag der Verteidigungsausgaben, der ein Prozent des nominalen Bruttoinlandsprodukts übersteigt, von den bei der Schuldenregel zu berücksichtigenden Einnahmen aus Krediten abzuziehen ist.
Zur Begründung führen die Fraktionen eine „fundamentale Veränderung der Sicherheitsarchitektur“ in Folge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine vor drei Jahren an. „Der Amtsantritt der neuen US-Regierung lässt darüber hinaus nicht erwarten, dass sich die existierenden geoökonomischen und sicherheitspolitischen Spannungen in der internationalen Politik verringern“, heißt es weiter. Für die „fortgeführte Ertüchtigung“ der Bundeswehr reiche das Instrument eines Sondervermögens nicht aus. Das erforderliche Finanzierungsvolumen sei aber auch im Rahmen der geltenden Schuldenregel nicht zu realisieren, heißt es weiter. Von der Anpassung der Schuldenregel versprechen sich Union und SPD auch mit Blick auf den Nato-Gipfel im Juni in Den Haag ein Signal, „dass die mittel- bis langfristige Ertüchtigung der Bundeswehr auf Basis einer dauerhaft gesicherten Finanzierungsgrundlage und damit international sichtbar und glaubwürdig umgesetzt werden wird“.
Das Sondervermögen Infrastruktur soll in Artikel 143h verankert werden. Es soll laut Entwurf ein Volumen von 500 Milliarden Euro umfassen und eine Laufzeit von zehn Jahren haben. 100 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen sollen den Ländern für Investitionen zur Verfügung gestellt werden. Die Kreditaufnahme des Sondervermögens soll von der Kreditobergrenze der Schuldenregel ausgenommen werden. Zur Begründung führen die Fraktionen den „gesteigerten Investitionsbedarf im Infrastrukturbereich“ an. „Die Einrichtung eines Sondervermögens zur Modernisierung der Infrastruktur mit einer Kreditermächtigung von bis zu 500 Milliarden Euro für Investitionen sichert eine langfristige Finanzierungsgrundlage für Investitionen des Bundes zur Modernisierung Deutschlands“, heißt es weiter. Das Sondervermögen ermögliche eine „Investitionsoffensive des Bundes“ als „integraler Bestandteil eines umfassenden Wachstums- und Investitionspakets der Bundesregierung“. Sie könne das mittelfristige Wirtschaftswachstum „spürbar stärken“, argumentieren Union und SPD in dem Entwurf. Die Einzelheiten des Sondervermögens sollen einfachgesetzlich geregelt werden.
Der durch eine Änderung des Artikels 109 GG vorgesehene Verschuldungsspielraum für die Länder wird von den Fraktionen mit der „herausfordernden Finanzsituation der Länder und Kommunen“ begründet. Der Entwurf sieht vor, der Ländergesamtheit – analog zum Bund – im Rahmen des Grundsatzes ausgeglichener Haushalte einen „sehr eng begrenzten“ strukturellen Verschuldungsspielraum in Höhe von 0,35 Prozent des nominalen Bruttoinlandsprodukts einzuräumen. „Über die tatsächliche Nutzung dieses Spielraums und die konkrete Verwendung von entsprechenden finanziellen Mitteln entscheiden die Länder im Rahmen ihrer Haushaltsautonomie. Dies ermöglicht einen passgenauen Mitteleinsatz vor dem Hintergrund individueller regionaler und örtlicher Gegebenheiten“, heißt es weiter.
Hrsg.: Deutscher Bundestag,
Quelle: https://www.bundestag.de/hib
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
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