US Inflation Reduction Act
Der Wolf im Schafspelz
Während in Europa der politische Fokus auf der Eindämmung der akuten Energie- und Inflationskrise in Folge des russischen Angriffskrieges liegt, hat der amerikanische Kongress am 7. August 2022 ein historisches Bundesgesetz, den Inflation Reduction Act (IRA), verabschiedet. Historisch ist der IRA nicht, weil er die Inflation merklich reduzieren wird, sondern weil er die bedeutendste bundesweite Klimagesetzgebung in der Geschichte der Vereinigten Staaten ist: Bis 2030 werden die enthaltenen Maßnahmen die amerikanischen Treibhausgasemissionen auf bis zu 42% unter das Niveau von 2005 reduzieren. Das reicht zwar nicht, um die USA auf einen Paris-kompatiblen Pfad zurückzubringen, ist aber dennoch ein Quantensprung zum Status-Quo. Gleichzeitig läutet der IRA gemeinsam mit weiteren Gesetzen ein neues Zeitalter aggressiver Industriepolitik mit geopolitischen Ambitionen ein. Darüber, und was das für Deutschland und Europa heißt, schreiben Janek Steitz und Philippa Sigl-Glöckner im Geldbrief von Dezernat Zukunft.
Janek Steitz, Philippa Sigl-Glöckner
Zinsen statt Geldmenge
Für eine nicht-monetaristische Auslegung des AEUV
In diesem Papier zeigen die Autoren, dass die Rechtsprechung über die Rechtmäßigkeit von Anleihekäufen durch die Zentralbanken des Eurosystems in Teilen auf der volkswirtschaftlichen Theorie des Monetarismus basiert und insbesondere auf einem Aufsatz von Thomas Sargent und Neil Wallace aus dem Jahr 1981 („Some Unpleasant Monetarist Arithmetic”). Doch der Monetarismus, schon in den 1970er- und 1980er-Jahren kontrovers, ist heute überholt.
Phillip Orphal, Florian Kern, Max Krahé
Der Fluch der Geldmengensteuerung
Wie eine Ideologie erst Politik und dann Nebelschleier wurde
Wir haben uns in unseren Demokratien dazu entschieden, die Geldpolitik in unabhängige Hände zu legen. Gerade aufgrund ihrer Unabhängigkeit obliegen Zentralbanken besonderen Rechenschaftspflichten. Diese können nur eingefordert werden, wenn die Bevölkerung gut informiert ist – sowohl über die Wirkungsweisen, aber auch über die Grenzen der Geldpolitik. Ein Comic des Dezernat Zukunft erzählt die Geschichte der Geldmengensteuerung.
WeiterlesenFlorian Kern, Tim Brackmann
Zinswende
Zeitenwende in der Entwicklungsfinanzierung?
Seit Vereinbarung der Agenda 2030 fand Entwicklungsfinanzierung unter den Bedingungen niedriger Zinsen und hoher Liquidität auf globalen Finanzmärkten statt. Das hat sich mit der Zinswende geändert. Dieses GPF-Briefing Paper beschreibt die aktuellen Trends, analysiert die Implikationen für die Finanzierung nachhaltiger Entwicklung im globalen Süden, und formuliert Politikempfehlungen wie Länder des globalen Südens und ihre Finanzierungspartner aus dem Norden auf die Zinswende reagieren können.
Bodo Ellmers
Winter is coming
Zur Inflation heute und morgen
Die Temperaturen kühlen ab. Die Inflation nicht. Am Dienstag, den 30. August 2022, hat das Statistische Bundesamt neue Inflationszahlen vorgelegt. Nach einem leichten Rückgang von Mai bis Juli ist der Verbraucherpreisindex (das offizielle Maß für Inflation in Deutschland) wieder auf eine jährliche Inflationsrate von 7,9% gestiegen. Handelt es sich dabei um einen Ausreißer oder um eine Trendumkehr? Was verheißen in diesem Kontext die neuesten Preisanstiege auf den Gas- und Strommärkten? In diesem Geldbrief analysiert Max Krahé vom Dezernat Zukunft die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts und wagt eine partielle Inflationsprognose für die nächsten Monate. Das Ergebnis: Der Winter wird hart. Kurzfristig ist mit weiteren Inflationssteigerungen zu rechnen. Eine Rate von über 10% bis zum Jahresende sei nicht auszuschließen.
Max Krahé
Die internationale Währungshierarchie durch Notfallliquidität in US-Dollar
Die Vorstellung, dass das internationale Währungssystem hierarchisch aufgebaut ist, hat sich zunehmend durchgesetzt. Natur, Ursachen und Form der internationalen Währungshierarchie bleiben aber vage. In diesem Artikel entwickeln die Autoren eine monetäre Theorie der internationalen Hierarchie auf der Grundlage des „Schlüsselwährungsansatzes“ (key currency approach). Sie betrachten das internationale Währungssystem als ein weltumspannendes Zahlungssystem, das von Natur aus hierarchisch ist, weil es zentrale Knotenpunkte für Clearing und Abwicklung benötigt. Die Zentralität des US-Dollar als globale Leitwährung stellt die USA an die Spitze und macht die Federal Reserve (Fed) zur hierarchisch höchsten Institution des Systems. Andere Währungsräume werden in eine periphere Position gedrängt und sind darauf angewiesen, auf US-Dollar lautende Kreditgeldinstrumente „offshore“ zu verwenden und zu schaffen. Auf der Grundlage dieses Ansatzes erklären die Autoren die internationale Währungshierarchie durch verschiedene Mechanismen zur Bereitstellung von US-Dollar-Notfallliquidität durch die Fed an Nicht-US-Zentralbanken.
Steffen Murau, Fabian Pape, Tobias Pforr
Kapitalabflüsse als Risiko für makroökonomische und finanzielle Stabilität Indiens
In den letzten neun Monaten haben ausländische Portfolio-Investoren (Foreign Portfolio Investors, FPI) auf den indischen Finanzmärkten kräftig verkauft. FPI haben satte 35,6 Milliarden Dollar aus den Aktien- und Anleihesegmenten der inländischen Finanzmärkte abgezogen. Ein neues Madhyam-Briefing Paper analysiert die Faktoren, die zu den unerbittlichen Verkäufen der Investoren beitragen, insbesondere die Straffung der Geldpolitik durch die US-Notenbank. Es untersucht die makroökonomischen Auswirkungen der anhaltenden Kapitalabflüsse und fordert eine stärkere Regulierung der volatilen Portfolioflüsse. Das Papier schlägt eine auf FPI-Investitionen ausgerichtete Exit-Steuer als Beitrag zur Finanzstabilität vor.
Kavaljit Singh
Es ist nicht alles Gold, was glänzt
Die hohen Kosten der fehlenden Regulierung von Kryptowährungen
Die weltweite Nutzung von Kryptowährungen hat während der Coronavirus-Pandemie exponentiell zugenommen. Solche privaten digitalen Währungen sind besonders in Entwicklungsländern verbreitet, was erhebliche Risiken und Kosten für die nationale Währungssouveränität, den politischen Spielraum und die makroökonomische Stabilität mit sich bringt.
WeiterlesenGeldpolitische Implementierung im Wandel
Zentralbanken definieren eine geldpolitische Strategie, in der sie darlegen, welche Instrumente sie nutzen, um ihr geldpolitisches Ziel zu erreichen, und welche einkommenden Daten sie aus welchen Gründen bei der Nutzung der Instrumente berücksichtigen. Insbesondere von unabhängigen Zentralbanken ist zu erwarten, dass sie ihre geldpolitische Strategie ausführlich und verständlich erläutern, da das Fehlen einer direkten demokratischen Legitimation mit besonderen Rechenschaftspflichten einhergeht.
Florian Kern, Philippa Sigl-Glöckner, Max Krahé
Geldpolitik
Aus Politik und Zeitgeschichte 18-19/2022
Ob Bankenrettung, Eurokrise oder Corona-Pandemie: Stets erwiesen sich Maßnahmen von Zentralbanken als entscheidend, um ganze Gesellschaften vor einem noch tieferen Rutsch in die Krise zu bewahren. Die Geldpolitik, die lange als rein technische Verwaltung galt, ist zur allgegenwärtigen Tagespolitik geworden.
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