Die schlimmste globale Schuldenkrise aller Zeiten
Neue Daten von Debt Service Watch
Die derzeitigen Schuldenerlasse führen dazu, dass viele Länder die Hälfte ihres Budgets für den Schuldendienst aufwenden müssen. Bei 139 Kreditnehmern der Weltbank liegt der Schuldendienst über dem Niveau, das während der HIPC- und der lateinamerikanischen Schuldenkrisen erreicht wurde. Er entspricht vielerorts den Gesamtausgaben für Bildung, Gesundheit, Sozialschutz und Klimaanpassung zusammen und übersteigt diese Ausgaben in Afrika um die Hälfte. Ein weitaus umfassenderer Schuldenerlass und Maßnahmen zur Senkung der Kreditkosten sind unerlässlich, um die Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen.
Ein dringender Appell für Schulden-, Klima- und wirtschaftliche Gerechtigkeit
Überall auf der Welt kämpfen Menschen gegen die Auswirkungen multipler Krisen. In einer Zeit, in der sich die Auswirkungen des Klimawandels verschärfen und die Lebensmittel- und Energiepreise spekulativ in die Höhe getrieben werden, reagieren die Regierungen, vor allem im Globalen Süden, auf die untragbaren öffentlichen Schulden und die fehlende Entwicklungs- und Klimafinanzierung mit einer zunehmenden Welle von Austerität, Unterwerfung und Extraktivismus. Wir prangern nachdrücklich die Rolle der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF) an, die zusammen mit anderen privaten und öffentlichen Kreditgebern eine mangelhafte internationale Finanzarchitektur aufrechterhalten, welche die Schulden-, Klima- und Wirtschaftskrisen verschärft.
CSOs des globalen Südens fordern Gerechtigkeit und eine Änderung der Regeln für die Schulden- und Finanzarchitektur
Mehr als 70 Expert:innen und Aktivist:innen von zivilgesellschaftlichen Organisationen, sozialen Bewegungen und Netzwerken aus der ganzen Welt kamen am 20. und 21. September 2023 in Bogota, Kolumbien, zu einem vom Globalen Süden einberufenen und geleiteten Treffen zusammen, um die Perspektive des Südens bei der Definition der Herausforderungen im Zusammenhang mit der Verschuldung und der Finanzarchitektur hervorzuheben und Lösungen zu finden, die sich an den Bedürfnissen und Stimmen der am stärksten Betroffenen orientieren müssen: den Menschen im Globalen Süden.
Marrakesch-Erklärung zur Beendigung der Austerität
Mehr als 300 zivilgesellschaftliche Organisationen und Akademiker:innen aus der ganzen Welt fordern Regierungen, Finanzministerien und internationale Finanzinstitutionen auf, die schädlichen Kürzungen der öffentlichen Haushalte in wichtigen Bereichen wie Bildung, Gesundheit und Sozialschutz unverzüglich zu stoppen und schädliche Reformen wie die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen und Sozialversicherungsrechte zu beenden, die die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern verschärfen.
Entschuldungskurier 2023
Mit dem jährlichen Entschuldungskurier informiert erlassjahr.de über aktuelle Entwicklungen in der nationalen und internationalen Welt der Verschuldung, berichtet über die Aktivitäten des Bündnisses und lädt zu eigenem Engagement ein. In der diesjährigen Ausgabe geht es u.a. um die Kampagne „Mit Schulden fair verfahren!“; warum Klimagerechtigkeit faire Entschuldung braucht; Staateninsolvenzverfahren in Sicht? 70 Jahre Londoner Schuldenabkommen; erlassjahr.de beim Kirchentag in Nürnberg; Schuldenkrisen fairer und effizienter lösen – per Gesetz; und vieles mehr.
Statement zum Einfluss der Kreditrating-Agenturen auf die Rettung des Yasuní und des Chocó in Ecuador
Organisationen der Zivilgesellschaft haben ihre Besorgnis über die Warnung der Rating-Agentur Moody’s bezüglich der Entscheidung Ecuadors zum Ausdruck gebracht, Yasuní zu erhalten und die Bergbauaktivitäten im Chocó zu stoppen. Moody’s hat darauf hingewiesen, dass diese Entscheidung negative Auswirkungen auf die derzeitige Kreditwürdigkeit Ecuadors haben könnte.
Verschuldungsnotstand und klimaresiliente Entwicklung in Subsahara-Afrika
Aufgrund zahlreicher externer Schocks seit dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie ist Subsahara-Afrika mit einer akuten Schuldenkrise und neuen Höchstständen bei den Kosten für ausländisches Kapital konfrontiert. Gleichzeitig muss die Region schrittweise Finanzmittel mobilisieren, um die gemeinsamen Klima- und Entwicklungsziele im Rahmen des Pariser Abkommens und der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) bis 2030 zu erreichen. Ein neues Arbeitspapier für das Debt Relief for a Green and Inclusive Recovery (DRGR)-Projekt skizziert die Höhe der staatlichen Auslandsverschuldung und des Schuldendienstes der Länder zwischen 2023 und 2030 und kommt zu dem Schluss, dass die Region dringend neue Formen der Liquidität, konzessionäre und Zuschussfinanzierung sowie einen umfassenden Schuldenerlass benötigt.
“Schuldenkrise noch nicht schlimm genug”
Zum aktuellen Diskurs der Gläubiger
Ist es Zeit für neue Entschuldungsinitiativen? Nein, sagt eine neue Studie von aktuellen und ehemaligen Mitarbeiter*innen des IWF. Die Verschuldung von Ländern im Globalen Süden liege noch weit unter dem Niveau am Vorabend der Entschuldungsinitiative für hoch verschuldete Länder Mitte der 1990er Jahre. Ja, sagen Kristina Rehbein und Jürgen Kaiser, Autor*innen der Fachinformation 72: „‚Schuldenkrise noch nicht schlimm genug‘ – zum aktuellen Diskurs der Gläubiger“. Die Studie lege einen zu engen Fokus auf Niedrigeinkommensländer. Auch betrachte sie einen falschen Zeitpunkt: Es mache keinen Sinn, die heutigen Verschuldungssituation mit der von 1994 zu vergleichen. Zu diesem Punkt sei die Krise bereits über Jahre hinweg verschleppt worden.
Eine Welt voller Schulden
Eine wachsende Belastung für globalen Wohlstand
Schuldenlasten bremsen Entwicklung. Die Verschuldung hat sich für Entwicklungsländer aufgrund des begrenzten Zugangs zu Finanzmitteln, steigender Kreditkosten, Währungsabwertungen und schleppendem Wachstum zu einer erheblichen Belastung entwickelt. Diese Faktoren beeinträchtigen ihre Fähigkeit, auf Notfälle zu reagieren, den Klimawandel zu bewältigen und in ihre Bevölkerung und ihre Zukunft zu investieren. Die Länder stehen vor der unmöglichen Wahl, ihre Schulden zu bedienen oder ihrer Bevölkerung zu dienen. Heute leben 3,3 Milliarden Menschen in Ländern, die mehr für Zinszahlungen ausgeben als für Bildung oder Gesundheit. Eine Welt voller Schulden beeinträchtigt den Wohlstand der Menschen und des Planeten.
Woran krankt der Common Framework der G20 für Schuldenerleichterungen jenseits des DSSI?
In diesem Papier wird die von den G20-Ländern vereinbarte Strategie zur Verringerung der Auslandsverschuldung kritisch beleuchtet und es werden die Gründe dargelegt, warum diese Initiative, wie auch frühere Initiativen zur Entschuldung von Entwicklungsländern, für die potenziell Begünstigten kaum etwas bewirken wird. Dieses Papier bietet eine eingehende Analyse des G20 Common Framework for Debt Treatment über die Debt Service Suspension Initiative (DSSI) hinaus. Der Common Framework ist eine gläubigergetriebene Initiative, die darauf abzielt, die Interessen des globalen Kapitals zu schützen, während die verschuldeten Länder weiterhin dazu verdammt sind, die Schuldenlast zu tragen, so der Autor. Die Frage ist, ob Indien unter seiner G20-Präsidentschaft sein politisches Gewicht in die Waagschale werfen kann, um die Regeln der äußerst ungerechten Schuldenmanagementstrategie der G20 zu ändern.